Jetzt und hier – über Achtsamkeit im Alltag

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Die schönste Zeit des Jahres

Das Leben war anstrengend in den letzten Wochen: Ich habe einen neuen Job in einer neuen Stadt angetreten, musste eine Wohnung finden, unter der Woche von Berlin nach München pendeln und schließlich mit der ganzen Familie umziehen. Natürlich nicht ohne vorher die alte Wohnung zu renovieren, den Umzug zu organisieren und (als kleine Kirsche oben drauf) auch noch am Wochenende zu arbeiten. Okay, genug gejammert. Ich hatte davor auch mehr als zwei Monate Urlaub, aber der ganze Stress momentan macht diese wunderbare Zeit der Ruhe und Erholung zu einer verblassten Erinnerung aus einem anderen Leben. Und jetzt steht Weihnachten vor der Tür, was leider auch nicht unbedingt Besinnung mit sich bringt (ganz gleich wie sehr man sich das jedes Jahr vornimmt).

Achtsam, fertig, los

Immer, wenn das Tempo in meinem Leben sprunghaft ansteigt, merke ich, dass mir sofort etwas abhandenkommt: Das Gefühl, mit vollem Bewusstsein Teil meines eigenen Lebens zu sein. Das Erfahren und Annehmen der Dinge, die da kommen und um mich herum geschehen. Ich nenne es das „Jetzt und Hier“, andere nennen es auch Achtsamkeit. Achtsamkeit ist aber mehr als das bewusste Wahrnehmen, sie schließt auch das Beobachten ohne jegliche Wertung des Beobachteten ein. Damit ist Achtsamkeit auch eine Vorstufe zur Meditation – etwas, das mir in letzter Zeit leider sehr fehlt.

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Alles zu seiner Zeit

Ein sehr schöner Satz aus einem Kinderbuch meines Sohnes ist „Alles zu seiner Zeit“. Der Vater ermahnt seinen Jungen, nicht alles auf einmal tun zu wollen, damit ihm keine Fehler unterlaufen. Der Sohn soll sich Zeit nehmen für die Dinge. Und das sollte ich gerade auch. Im Kinderbuch endet die Geschichte damit, dass der Vater in seinem eigenen Stress vergisst, die gekaufte Eiscreme in den Tiefkühler zu packen. Resultat: Eine Riesensauerei und noch mehr Stress. Kommt dir das auch irgendwie bekannt vor? In meinem Leben sind die Konsequenzen allerdings ganz andere. Ich verliere an gefühlter Wahrnehmung und Reflektion, die Zeit mit meinen Liebsten ist irgendwie weniger wert. Und das bedeutet für mich wirklich eine herbe Einbuße an Lebensqualität.

Es geht auch anders

In Zeiten, in denen ich nicht so unter Druck stehe, versuche ich bewusst Stress zu minimieren. In meinem letzten Urlaub habe ich das ziemlich gut hinbekommen. Stressfaktor Nummer eins ist und bleibt das Smartphone. Also habe ich es im Auto liegen lassen und nur zweimal täglich geschaut, ob jemand angerufen hat. Ich habe mir Zeit genommen, in Ruhe zu kochen. Oder mir morgens eine halbe Stunde mit einer Tasse Kaffee und einem Buch gegönnt. Oder mich einfach mal ans Meer gesetzt und geatmet und den Wellen zugehört und die Schönheit des Planeten bewundert. Und natürlich habe ich ganz viel Zeit für meine Yogapraxis gehabt und auch genutzt. Das Krasse daran: Schon nach wenigen Tagen war ich ein anderer, man konnte mir die Entspannung wirklich ansehen. Eigentlich ziemlich beängstigend.

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Warum kann es nicht immer so sein?

Weil das Leben nun mal keine Urlaubsreise ist. Weil wir alle die Miete zahlen müssen. Und weil der ganze Scheiß einfach mega-anstrengend ist. Aber dennoch will ich in meinem Alltag mehr Achtsamkeit leben, besonders jetzt, wo die stressigste Zeit des Jahres ansteht. Ich will das Leben bewusst leben, weniger meinem eigenen Timing hinterher hetzen. Dem kurzfristigen Zeitplan, der morgens mit dem Klingeln des Weckers beginnt. Und dem langfristigen, der leider sehr viel Materielles und sehr wenig wirklich Wichtiges beinhaltet. Meine Zeit ist endlich, aber was bringt es mir, uralt zu werden, wenn ich die Jahre nicht wirklich wahrgenommen habe?

Die Lösung ist ganz einfach

Ich werde ein achtsameres Leben führen, meine Familie und meine Freunde haben das verdient. Der erste Schritt: Weniger aufs Smartphone und mehr in die Welt gucken. Und gezielt Achtsamkeit lernen und trainieren. Zum Beispiel mit Yoga. Oder den 7 Achtsamkeitsübungen für den Alltag von Afschin Kamrani: Er empfiehlt unter anderem Achtsames Aufwachen statt “Aus-dem-Bett-springen”. Achtsames Gehen statt “Füße-voreinander-setzen”. Oder achtsames Liegen statt “Einfach-nur-den-Körper-ablegen”. Ob es mir gelingt? Das wird sich zeigen. Ich wünsche es mir aber sehr. Und ich verdiene es eigentlich auch, so wie jeder von uns. Namaste.

 

Bilder von Liza Meinhof

Das Manduka “Transcent Tank Stripe” Top wurde mir freundlicherweise von BeeAthletica zur Verfügung gestellt.


6 responses to “Jetzt und hier – über Achtsamkeit im Alltag”

  1. Andrea Avatar
    Andrea

    So schön geschrieben! Grüße aus der Heimat.

    1. Yogadude Avatar
      Yogadude

      Danke, Andrea. Und ganz liebe Grüße zurück 🙏🏻

  2. Julia Avatar
    Julia

    Hi Thomas,

    dein Text kam gerade zur richtigen Zeit und das Lesen hat super Spass gemacht! Schön, dass du es trotz der gerade stressigen Zeit, trotzdem schaffst zu schreiben.
    Ich wünsche dir eine schöne und entspannte Rest-Woche!

    Namaste & liebe Grüße
    Julia

    Ps: Und noch ganz herzlich Willkommen in München!!

    1. Yogadude Avatar
      Yogadude

      Das freut mich, Julia, vielen Dank 😊

  3. Anna Avatar

    Lieber Thomas,
    den ersten Schritt in Richtung Achtsamkeit bist du doch schon gegangen – und der unterscheidet dich von 99% der anderen Menschen: Dir fällt auf, dass dir etwas fehlt. Vielleicht weißt du noch nicht genau, wie du wieder in die Achtsamkeit kommen kannst, aber mit dem Bewusstwerden finden sich die Wege von ganz alleine, ist meine Erfahrung. Ich wünsche dir eine möglichst entspannte Zeit!
    Ganz liebe Grüße
    Anna

    1. Yogadude Avatar
      Yogadude

      Ich bin auf dem Weg, Anna. Danke dir.