What’s going on?
Mentor? Gehen dem Yogadude langsam die Sonntagsworte aus? Nein, ich wollte schon lange mal ein bisschen was zu diesem Thema schreiben. Weil ich das ganze letzte Wochenende wieder mit meinem Mentor in der Yogalehrerausbildung verbracht habe. Und weil ich das Glück hatte, schon vorher einige Male in meinem Leben von Mentoren begleitet zu werden. Leuten, die erfahrener als ich waren. Die ihr Wissen mit mir teilten und mir halfen meinen Weg zu finden und erfolgreich zu gehen. Weil sie sich die Zeit genommen haben, mich kennen zu lernen und – aus ihrer eigenen Erfahrung – wussten, wie ich an mein Ziel gelangen würde. Oder eher was mein Ziel überhaupt war.
„Dein Gitarrensound ist scheiße.“
Als ich 17 war, habe ich mit meiner damaligen Band meine erste CD aufgenommen. Selbst geschrieben, selbst organisiert, selbst finanziert. 1994 war das mit dem CDs-Aufnehmen noch eine große Sache: Wir haben dazu immerhin eine 16-Spur-Tonbandmaschine benutzt (das MacBook war leider noch nicht erfunden). Und woher wussten meine Bandkumpels und ich, wie das geht? Von einer lokalen Rockgröße, die uns damals – wirklich uneigennützig – unter ihre Fittiche genommen hatte. Und uns gegen alle Wiederstände (als 17-jähriger weiß man ja alles besser) davon überzeugen konnte, alles so zu tun wie wir es am Ende getan haben. Vielen Dank nochmal, erst Jahre später wusste ich zu schätzen, was der gute Mann für uns Kids getan hat und welch eiserne Nerven er besitzen muss. Du hast einen gut bei mir, Pat Fritz.
Here I go again.
Einige Jahre später war die Rockstarkarriere dahin und in Sachen „richtiger Beruf“ sah es auch nicht viel besser aus. Aber wieder mal hat sich jemand ein Herz gefasst und mir dezent (?) den Weg in die richtige Richtung gewiesen. Und jetzt – nachdem so viel in meinem Leben passiert ist – sitze ich in meiner Yogalehrerausbildung (ungefähr der 10. Beruf, den ich erlerne) und lasse mich mentorieren. Obwohl ich hier natürlich keinen exklusiven Mentor habe: ich teile ihn mir mit neun anderen Schülerinnen. Und ich erwarte auch nicht, dass sich mein Teacher Training-Mentor jeden Abend zu mir in mein spirituelles Wohnzimmer setzt – das kann er in der Form gar nicht leisten. Trotzdem halte ich die Idee, in der Yogalehrerausbildung in Kleingruppen zu unterrichten und zu üben für richtig und wichtig. Nur so entsteht ein direkter Draht zwischen Lehrendem und Lernenden, nur so bekommt man ein Gespür füreinander und kann aufeinander eingehen.
Er wird dich schon finden.
Dein „echter“ Mentor ist auch nicht unbedingt der Betreuer aus deiner Yogalehrer-Kleingruppe. Oder dein Vorgesetzter im Job. Oder der Trainer deiner Fußballmannschaft. Diese Person kann sicherlich dein Mentor werden – aber es kann genauso gut sein, dass sie es nicht wird und trotzdem ihre Position hervorragend ausfüllt. Du kannst auch nicht einfach losgehen und deinen Mentor suchen – denn wahrscheinlich weißt du erst, wenn er dich gefunden hat, dass du ihn überhaupt gebraucht hast. Du bist für deinen Mentor nämlich nicht nur ein Job, er macht das nicht, weil er es muss. Sondern, weil er es will. Anders funktioniert das nicht.
That’s the way I like it.
Ein Mentor ist mehr als ein Lehrer. Er bringt dir nicht nur bei, was er selbst weiß. Er unterstützt dich dabei, etwas über dich selbst zu lernen und diese Erkenntnis zu nutzen. Mentoren können ein echter Glücksfall sein. Ich konnte dieses Glück schon mehrfach erleben und ich hoffe, dass ich irgendwann selbst jemandem mit meinem Wissen und meiner Erfahrung zur Seite stehen kann. Vielleicht als Yogalehrer, vielleicht auch in Beruf Nummer 27? Wer weiß das schon. Aber als Yogalehrer will ich auf jeden Fall genau darauf hinarbeiten: Ich will mehr als nur Asanas unterrichten und assistieren, ich will Menschen helfen, sich selbst zu finden und ihren Weg zu gehen. Vielleicht schaffe ich das mit kleinen Ratschlägen und Anleitungen, vielleicht im Rahmen eines größeren, längerfristigen Prozesses. Und vielleicht brauche ich dafür selbst eiserne Nerven. Es wäre nur gerecht. Namaste.
Fotos von Liza Meinhof.