Ist das schon Punkrock?
Ich bin kein Idiot. Also zumindest kein kompletter Vollidiot. Und deshalb weiß ich auch, dass leicht zu versteckende Tattoos, ein paar Piercings und schwarzer Nagellack mich eher superdurchschnittlich erscheinen lassen als superextravagant. Aber klar: Ich wäre gerne ein bisschen anders und gebe mich deshalb optisch so, wie ich mich fühle. Punkrock trifft Esoterikspinner. Und in Rheinstetten-Forchheim und München falle ich damit sogar manchmal ein bisschen auf. Allerdings war ich dieses Wochenende für den ersten Wild Minds in Sweat Pants-Workshop mal wieder in Berlin. Und ganz ehrlich: Hier würde sich nicht mal jemand nach mir umdrehen, wenn meine Piercings durch die Fingerspitzen gingen, die Tätowierungen übers ganze Gesicht verteilt wären und ich den Nagellack trinken würde, statt ihn an den Enden meiner Wurstfinger zu verpinseln. Willkommen in Berlin, Hauptstadt der Freakrepublik Deutschland.
Wild Minds in Sweat Pants.
Der „Wild Minds“-Workshop ist mal wieder was ganz Neues, ein echtes Herzensprojekt von mir. Die Idee dazu gab es schon länger, allerdings fehlte mir ehrlich gesagt das Know-how, um das Ding alleine durchzuziehen. Normalerweise habe ich ja kein Problem damit, mich mit Halbwissen irgendwo durchzukämpfen (z.B. seit 15 Jahren in diversen Werbeagenturen, hehe). Allerdings will ich mich als Yogalehrer ungern blamieren, besonders nicht in der großen, großen Hauptstadt. Und das Schicksal meinte es gut mit mir: Vor einigen Monaten kam ich zufällig mit meiner lieben Agentur-Kollegin Kathrin auf das Workshop-Thema zu sprechen. Und da meinte sie eiskalt, dass sie den Kreativteil schon ein paarmal selbst angeleitet hatte und die Kombination mit Yoga spannend fände. Am Ende der Mittagspause war klar: Wir machen das. Und wie supercool ich mich damit fühlte. Yoga und Kreativ-Techniken in der wahrscheinlich schönsten Yoga-Location des Landes. Geht’s noch geiler, bitte?
Dit is Berlin, mein Lieber.
Mein sorgsam tätowiertes Rheinstetten-Forchheim-Ich war sich sicher: Es gibt nichts abgefahreneres als dieses Hipster-Event der Extraklasse. Die längst komplett umgestylte Realität in Berlin sah das allerdings anders: Es kamen nicht die erwarteten TV-Teams, um uns zu unserem genialen Angebot zu befragen. Sonderbusse? Fehlanzeige. Verlegung des Workshops ins Olympiastadion. Nicht nötig (außerdem hatte die Hertha ein Heimspiel). Nicht mal ein paar (C-)Promi-Yogis ließen sich bei uns blicken. Warum? Weil wir doch keine Genies sind? Nee, daran kann es nicht liegen (haha!). Nein, das Problem ist ein anderes: Berlin ist eine verwöhnte kleine Prinzessin, der jeden Tag ein unfassbar großes Angebot an ALLEM (und ich meine ALLEM) dargeboten wird. Auch in Sachen Yoga.
Das kann dir beim Yoga (fast) nur in Berlin passieren:
1. Schwarzes Yoga
Yoga im dunklen Schummerlicht zu lautem Heavy Metal. Gibt es in Berlin jede Woche. Ich war sogar mal dort und fand es nicht nur richtig laut, sondern auch richtig gut.
2. Bondage-Yoga
Irgendwas mit Sex geht in Berlin ja auch immer, am besten ein bisschen kinky. Du willst japanische Fesselspiele mit deiner Yogapraxis kombinieren? In Berlin kein Problem.
3. DIY-Yoga
Meine neue Heimat München ist ohne Frage die ultimative Stadt der Macher. Und meine alte Perle Berlin die Stadt der Selbermacher. Deshalb kann es dir gut passieren, beim Yoga jemanden zu treffen, der seine Matte selbst gemacht hat. Und seine Klamotten. Und sein Gemüse.
4. Schamanisches Yoga
Leider habe ich das noch nicht selbst ausprobiert, muss ich aber unbedingt bald mal machen. Die Beschreibung des Schamanischen Yoga hat mich jedenfalls direkt angesprochen: „Auf der Schamanischen Trommelreise im Savasana werden verschiedene Ebenen angesprochen: Wahrnehmungsebene, Emotionen, Krafttiere, Pflanzenwesen, Geisthelfer. Bericht folgt!
5. Nacktyoga
Nennt mich gerne Kontroll-Junkie! Aber das letzte, was ich beim Yoga brauche, ist ein völlig unkontrolliert umherbaumelndes Körperteil. Deshalb trage ich zum Yoga üben mindestens eine Badehose. In Berlin sieht man das mit der FKK-Kultur auf der Matte natürlich etwas entspannter. Profi-Tipp für Neugierige: Eigene Matte mitbringen!
6. Bier-Yoga
Bier-Yoga ist mittlerweile fest etabliert und durch alle Medien gegangen. Als ich es ausprobieren durfte, war es aber noch der ganz heiße Scheiß und nur in Berlin zuhause.
7. Nach-dem-Bier-Yoga
Ich habe das bestimmt schon mal irgendwo erwähnt: Auf der Suche nach einem neuen Yogastudio war ich in einer Klasse, in der ein Schüler ständig hingefallen ist, weil er „ein paar Drinks” zum Essen hatte.
8. Nach-ganz-viel-Bier-Yoga
Meistens gibt es in Berlin ja noch jede Menge mehr als nur Bier am Wochenende. Und mir ist auch egal, wer sich wann was reinpfeift. Allerdings kann es in Berlin gut mal vorkommen, dass du jemanden beim Yoga triffst, der direkt vom Feiern kommt. An einem Dienstagnachmittag.
9. Yoga-Mate
Typischer Berliner Yogahipster-Drink. Sehr beliebt bei den Nach-dem-ganz-viel-Bier-Yogis.
10. Es kommen nur vier Teilnehmer zu deinem hippen Yoga-Kreativ-Workshop
Das hätte uns auch woanders passieren können, ist es bisher aber nicht. Zu unserer Verteidigung muss man erwähnen, dass am Tag unseres Workshops das beste Wetter seit Monaten war und mindestens noch zehn weitere Yoga-Workshops stattfanden. Und im Endeffekt war ich ganz froh, dass wir so eine kleine Gruppe waren. Besonders die Arbeit im Kreativteil war sehr intensiv und die TeilnehmerInnen hatten in der kleinen Runde die Aufmerksamkeit, die sie verdient und gebraucht haben. Deshalb war es garantiert nicht unser letzter gemeinsamer Auftritt im schönsten Yogastudio Berlins. Wir sehen uns, sicher auch wieder in der Hauptstadt. Namaste.
Fotos: Yogadude, Kathrin Raczek