Happy Gay Day!
Gestern ist – zur Feier des Christopher Street Day – wieder eine bunte, laute Parade durch München gerollt, die irgendwie so gar nicht zum spießig-katholischen Seehofer-Image dieser Stadt passen will. Leider konnte ich dieses Jahr nicht dabei sein, für nächstes Jahr steht das Event aber wieder ganz oben auf der Sommerparty-Pflichtbesuchsliste. Zwar bin ich mindestens so heterosexuell wie Public Viewing in der Autowaschanlage. Ich mag aber die Tatsache, dass es so etwas wie eine „schwule“ (und lesbische/trans/unentschlossene/etc.) Kultur gibt, die ihr eigenes Ding macht. Und ich mag, wie sie sich auslebt: Schrill, anders und irgendwie immer gut gelaunt. Also ungefähr so, wie ich mein Hetero-Leben führe.
Partystadt Berlin.
Als ich noch in Berlin gelebt habe, war ich regelmäßig bei der CSD-Parade oder beim Lesbisch-schwulen Stadtfest in Schöneberg. Warum? Weil es die besten Feiern waren. Party pur im Freien und – das fand ich irgendwie witzig – statt Bierflaschen lagen bei der CSD-Parade überall leere Sektpullen und Piccolos. Vielleich ist an manchen Klischees also doch was dran? Überhaupt habe ich doch ganz schön schwul gefeiert in der Hauptstadt: Die wenigen Male, die ich nach der Geburt unseres Sohnes noch zum Tanzen ging, war das meistens im SchwuZ am Rollberg. Und nein, ich wollte nicht dem stressigen Familienleben entfliehen und Jungs küssen. Es hatte eher praktische Gründe. Das SchwuZ war der beste Club in Laufentfernung und mit schwarzem Leder auf der Tanzfläche habe ich als alter Heavy Metal-Fan sowieso keine Probleme, hehe.
Yoga. Voll schwul.
Es gibt natürlich keinen Zusammenhang zwischen Yoga und der sexuellen Orientierung. Aber auch wenn Yoga nicht zwingend schwul ist, finde ich Schwulsein (oder zumindest schwules Feiern) ganz schön Yoga:
1. Partystimmung.
Wer schon mal in meinem Yogaunterricht war, weiß: Die wichtigste Zutat für eine gelungene Yogasession ist (meiner Meinung nach) ein Lächeln im Gesicht. Dann klappt es auch mit dem Rest des Körpers. Und die schwulen Partys, auf denen ich war, waren immer richtig gut (s.o.)!
2. Hingabe.
Man kann vieles über die LGBT-Community sagen, aber nicht, dass sie halbherzig feiert. Neben dem CSD will ich nur mal den Eurovision Song Contest oder auch den Rosa Weihnachtsmarkt in München nennen.
3. Leggings.
Ja, auch Heteromänner tragen Leggings, aber beim CSD gehören sie bei vielen zur Party-Uniform. Und die meisten Männer dort können sie auch mit Würde tragen.
4. Offenheit.
Ich habe noch nie einen Schwulen sagen hören, dass irgendwas „voll hetero“ und damit doof wäre. Homosexuelle Kultur ist offen und das ist ein guter Grund, sie nicht nur zu tolerieren, sondern zu unterstützen. Weder im SchwuZ noch bei irgendeiner Feier hatte ich das Gefühl, nicht willkommen oder ein Außenseiter zu sein. In dieser Hinsicht können einige Yogis auf jeden Fall noch etwas nachlegen im Umgang mit den Nogis.
5. Stolz.
Auf die Sache mit dem Gay Pride bin ich letzte Woche gekommen. Im Zusammenhang mit den Yoga-Tattoos hat mich ein (schwuler) Bekannter darauf hingewiesen, weil ich mich ein bisschen für ein bestimmtes Tattoo schäme. Pride ist Selbstliebe und -achtung, ohne anderen damit zu schaden. Und das halte ich definitiv für sehr Yoga.
Du kriegst den Bauern aus dem Dorf…
Schwulsein ist mehr als Party und eigentlich ist es auch nicht sooo viel anders als Mama-Papa-Kinder. Schätze ich. Denn ich komme aus einem (gar nicht so kleinen) Kaff in Baden-Württemberg und da bin ich mit vielem aufgewachsen, aber im Prinzip ohne (offen) Homosexuelle in meinem Umfeld. Erst als Erwachsener konnte ich mir dann meine eigenen Gedanken dazu machen und einen davon sogar erst vor vier Jahren: Ich habe mir vorgestellt, das mein frisch geborenes kleines Baby irgendwann erwachsen wird und sich in ein anderes Baby desselben Geschlechts verliebt. Und wenn das geschieht, will ich nicht, dass dieses Kind sich anders oder schlecht fühlt. Oder mir gegenüber unsicher ist. Ich will, dass es mir mit leuchtenden Augen von der großen Liebe in seinem kleinen Herzen erzählt. Stolz, bunt und gerne auch schrill. Voll Yoga eben. Namaste.
Fotos: Liza Meinhof