Studio-Check – Svaha Yoga Amsterdam

Sodom und Gomorrha.

Amsterdam gilt nicht nur als Europas Sündenpfuhl, meiner Meinung ist die Stadt das auch. Kein Ort eignet sich wohl besser für einen gepflegten Absturz mit schmerzhaftem Erwachen. Inklusive leerer Geldbörse und Gesichtstattoo. Schon wenn man den Hauptbahnhof nur kurz verlässt, um mal kurz Luft zu holen, darf man theoretisch in keine Drogenkontrolle mehr geraten. Was in Stuttgart der ganzjährige Feinstaub-Smog, ist in Amsterdam die omnipräsente Marihuanawolke. Und auch wenn die Stadt weitaus mehr zu bieten hat: Die meisten Leute, die letzte Woche mit mir im Flieger saßen, waren wohl weniger wegen der tollen Museen und der romantischen Restaurants dorthin unterwegs. Der klassische Amsterdam-Trip dreht sich um Bier, das nicht nach Bier schmeckt, Coffee Shops, in denen man keinen Kaffee trinkt und käufliche Liebe, die nichts mit Liebe zu tun hat. Zum Glück hat sich in Sachen Prostitution endlich etwas getan: Im gesamten Rotlichtviertel sind seit einem Gerichtsurteil vor zwei Wochen fast keine Mädchen mehr in den Schaufenstern zu sehen. Halleluja! Dafür waren aber auch merklich weniger „Touristen“ unterwegs als sonst. Krass.

Sex and drugs and yoga.

Wegen der legalen Drogen muss man schon lange nicht mehr nach „Dam“ fahren. In Berlin konsumieren Anwohner und Party-Touris öffentlich ohne ernsthafte Konsequenzen befürchten zu müssen. Und in anderen Städten Europas ist der Stoff komplett legal, darunter auch Städte, die ich aufgrund des Wetters Amsterdam als Reiseziel vorziehen würde. Bei mir hat das Ganze aber – nüchtern betrachtet – eher traditionelle Gründe, ich ziehe mit „meinen Jungs“ fast jeden Sommer ein paar Tage hierher. Und weil ich in Sachen Drogennehmen nicht so ambitioniert bin wie in Sachen Yoga, habe ich natürlich immer meine Matte dabei. Zum Glück gehört zu dem Hausboot, das wir jetzt immer mieten, noch ein wunderbarer Garten, in dem es sich nahe des zugehörigen Hühnerstalls (!) am Ufer der Amstel prima üben lässt.  Und schon letztes Jahr wollte ich extra früher nach Amsterdam anreisen, um ein lokales Yogastudio zu besuchen. Dann wurde aber mein Flug am späten Vorabend noch gestrichen, was für mich in einem mittleren Chaos endete und ich statt morgens früh erst am späten Nachmittag in Amsterdam ankam. Bäh, also kein Studiobesuch. Aber dieses Jahr ging alles glatt und ich habe es zum ersten Mal in ein niederländisches Yogastudio geschafft.

Für jeden Geschmack was dabei.

Amsterdam bietet nicht nur Drogen- und Fetischliebhabern alles, was das zugedröhnte und/oder lüsterne Herz begehrt. Auch als Yogi kommt man dort voll auf seine Kosten: Es gibt zahlreiche Studios für alle möglichen Yogastile – scheinbar entspannt man sich nicht nur mit diversen Kräutermischungen in der Stadt der Grachten und Tulpen. Nach einiger Recherche fand ich eine zentral gelegene Yogaschule, in der unter anderem mein Lieblingsyoga („das mit dem J“) angeboten wird. Nachdem ich mich vom Bahnhof durch die Marihuanaschwaden des Rotlichtviertels gekämpft hatte, stand ich vor der Tür. Zwar liegt das „Downtown“-Studio nicht im Junggesellenabschieds-Gehege, aber trotzdem stand ich vor einem leicht angegammelten Portal gegenüber einer Bierkneipe, neben dem zwei Klingeln mit Kameras angebracht waren. Nach kurzer Wartezeit öffnete sich das Tor und ich tauchte in eine Welt der hemmungslosen Begierde ein. Also, wenn man auf Yoga steht.

Rrrrrrrrrrrrrr.

Der erste Blick nach innen verriet schon einiges: Knallrote Wänder, schummriges Licht und eine enge Treppe, die direkt nach oben führte. Nichts wie rein. Oben empfing mich erst mal… niemand. Auf mich alleine gestellt, musterte ich die mir noch fremde Umgebung. Umkleidekabinen, kleine Fächer, in denen man seine Straßenkleidung ablegen kann und ein Empfangstresen. Dann erschien eine Frau, die mir die Gegebenheiten erklärte und auch Geld von mir wollte. Ich zog mich um und betrat den Hauptraum. Und der war erstaunlich hell und wunderschön. Im Gegensatz zu vielen anderen Studios konnte man hier spüren, dass schon seit vielen Jahren Yoga praktiziert wurde. Und selbst falls das gar nicht stimmen sollte – der Raum hat eine besondere Energie und die alten, lackierten Holzdielen sprechen ihre eigene Sprache. Ganz großer Pluspunkt: Das riesige Panoramafenster an der Längsseite des Yogaraumes. So kommt das Studio selbst in den engen Gassen der Amsterdamer Innenstadt tagsüber ohne Kunstlicht aus. Die Klasse, die ich genoss, passte hervorragend in diesen Kontext: 60 Minuten Vinyasa, ganz unaufgeregt, aber trotzdem mit einem gewissen Twist hier und da. Auffällig dabei war die Männerquote: Exakt die Hälfte aller Schüler waren Yogadudes, vielleicht sind die Niederlande uns nicht nur in Sachen Drogenpolitik voraus. Einziger Minuspunkt (der eigentlich keiner ist): Die Yogalehrerin unterrichtete auf Englisch, dabei hätte ich mir so sehr eine Klasse in Niederländisch gewünscht (es klingt so lustig). So habe ich aber immerhin was verstanden, also Dankeschön nochmal.

Oase der (Yoga-)Liebe

Das leidige am Studio-Check ist ja, dass ich meistens nur eine Klasse in einem Studio besuchen kann, vor allem, wenn ich im Ausland unterwegs bin. Trotzdem hat mich das Svaha Yoga auch unabhängig vom hervorragenden Unterricht (mit ganz viel guter Laune) voll und ganz überzeugt: Die Studiomitarbeiterinnen und Schüler/innen waren superfreundlich und offen für Smalltalk und Fragen. Das Studio wirkte – wie bereits erwähnt – nicht wie frisch aus dem IKEA-Katalog, sondern eher wie frisch aus einem historischen Roman. Und (das fand ich am allerwichtigsten): Obwohl Svaha Yoga (Downtown) inmitten einer belebten Fußgängerzone mit den „üblichen Verdächtigen“ des Einzelhandels und Touri-Kneipen liegt, ist es eine echte Oase der Ruhe. Besonders, wenn man (wie ich) den Junggesellenabschieden und Mannschaftsausflügen aus dem Weg gehen will, bietet Svaha eine perfekte Möglichkeit für die schnelle Flucht zwischendurch. Und wer keine Lust auf Drogen hat, aber trotzdem einen Trip erleben will: Bevor ich Svaha verlassen habe, bin ich die kleine Treppe hinter dem Empfangstresen nach oben gestiegen und habe kurz an mir selbst gezweifelt: Direkt über dem Raum, in dem ich gerade Yoga geübt hatte, gab es den exakt selben Raum noch einmal. Nachdem ich mich versichert hatte, nicht in einer Art Endlosschleife gefangen zu sein, zog ich dann schweren Herzens weiter und genoss den Rest des Wochenendes. Für meinen nächsten Ausflug nach Amsterdam steht Svaha allerdings schon fest auf der Liste. Dank u well und Namaste.

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Hier findest du das Studio:
Svaha Yoga – Downtown Studio
Begijnensteeg 1
1012 PN Amsterdam
+31 6 50 888 886
info@svahayoga.com

Weitere Informationen gibt es auf der Website: www.svahayoga.com

Fotos: Yogadude