Unsere Zeit ist gekommen – warum die Welt jetzt Yoga braucht

Als hätte ich es geahnt.

Ich bin einfach ein verdammtes Genie. Also gut, das Schicksal ist ein Genie und ich habe es (wie so oft) einfach mal machen lassen. Macht mich das automatisch genial? Ich denke schon. Wie auch immer: Den Termin für das erste SHIVA SHIVA YOGA Retreat nach Barcelona musste ich Corona-bedingt zweimal verlegen. Und – ganz gleich, ob man an Schicksal oder Vorsehung glaubt – er hätte am Ende nicht perfekter liegen können. In Spanien hat pünktlich zu unserem Esoterik/Tapas-Trip das öffentliche Leben wieder begonnen und die liebe Sonne hat auch brav mitgespielt und das Retreat zur kleinen Traumreise gemacht. Nach zwei Jahren in der Versenkung haben sich die paar Tage in Spanien wie eine Mischung aus mehrwöchiger Begehung des Jakobswegs und schlaflosem Partywochenende am Ballermann angefühlt. Wirklich jetzt: Das Grinsen wollte mir einfach nicht aus dem Gesicht weichen, eventuell hat sich der eine oder andere vor Ort (mal wieder) Gedanken um meine geistige Gesundheit gemacht. Aber wenn ich geahnt hätte, was nach der Rückkehr aus Barcelona passiert, hätte ich die Auszeit in Barcelona wohl noch mehr genossen oder wäre direkt weiter an den Ballermann gejettet.

Schlimmer geht immer.

Ich bin da ganz ehrlich: Die letzten beiden Jahren waren nicht unbedingt die besten meines kurzen Lebens. Ich fand die Pandemie und wie die Menschheit damit umgegangen ist größtenteils scheiße. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es den meisten anderen Menschen genau so geht. Aber ein Teil dieser geplagten Menschheit hat nun – direkt nach meiner wohltuenden Auszeit in España – beschlossen, die Ukraine zu bombardieren. Ist das die logische Konsequenz aus zwei Jahren Corona-Hölle, Mr. Putin? Wirklich? „Ja, mein Land hat eine schwere Krise überstanden, als kleine Belohnung dürfen die Jungs jetzt ein paar Bomben auf die Kinder im Nachbarland werfen.“ What the fucking fuck, bitteschön?

Die Zeit ist reif.

Generell sollte man nicht zum Verzweifeln neigen und im Normalfall gehe ich auch in den emotionalen Angriffsmodus, wenn mir etwas ungerecht vorkommt. Als Yogi sollte ich dafür bestens vorbereitet sein. Nach jahrelangem Meditieren und dem Verinnerlichen von Mantren und supermindful Quotes sollte ich jetzt tun, was richtig ist. Und zwar helfen. Wer, wenn nicht wir Yogaübenden, sollte jetzt beweisen, dass mehr hinter Yoga steckt als Gymnastik auf der Dachterrasse und entspannte Selfies mit schlauen Sprüchen. Wir alle MÜSSEN jetzt unseren Spandex-bezogenen Arsch hochbekommen und Stärke zeigen. Ein betroffener Post als Zeichen der Solidarität ist toll, nimmt aber nicht mehr als fünf Minuten deiner Zeit in Anspruch. (Und in Russland wird in sowieso niemand lesen, weil Instagram da mittlerweile abgeschaltet wurde.) Mit dem Rest deiner Zeit kannst du jetzt was richtig Sinnvolles anfangen: Praktiziere aktives Alltags-Yoga und hilf denen, die Hilfe brauchen. Am Ende zählt alles – von der Charity-Yogaklasse bis hin zum Aufnehmen von Geflohenen bei dir zuhause. Von mir aus können alle Hashtag-geschwängert weiter predigen – so lange sie auch entsprechend praktizieren. Wenn du dich als Yogi (oder Nogi) fragst, wo dein Platz in dieser Welt ist: Er ist jetzt und hier an einem Ort, an dem du Bedürftigen Sicherheit und Frieden schenken kannst. Nutze die Chance und sammle die Karmapunkte. Du wirst sie irgendwann brauchen. Namaste.

Fotos: Liza Meinhof