Yoga und das Corona-Virus – was du jetzt unbedingt wissen musst

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Ein Corona, bitte.

Ich denke, bei The Walking Dead hat es ähnlich angefangen. Ein rätselhaftes Virus aus Fernost. Die ersten Erkrankungen noch vereinzelt und weit, weit weg vom heimischen Fernseher. Und dann geht auf einmal alles ganz schnell: Kreuzfahrtschiffe in Quarantäne, die Alpenübergänge gesperrt und schließlich (spätestens da wusste jeder, dass die verdammte Welt untergeht): Keine Nudeln mehr in den Supermarktregalen! Leute, wirklich? Können sich alle mal kurz auf die Matte setzen und durchatmen? Ich meine: WTF? Was genau willst du mit getrockneten Teigwaren gegen ein (wahrscheinlich von den Kommunisten hochgezüchtetes) Supervirus ausrichten? Wenn ich glauben würde, dass die Welt untergeht, wären alkoholische Getränke und Süßigkeiten ausverkauft. Ganz sicher nicht Nudeln ohne alles. Also bitte, macht euch mal locker. Die Welt wird nicht untergehen, die Supermärkte werden weiterhin sehr viele genießbare Lebensmittel einfach wegwerfen müssen und ein chirurgischer Mundschutz sieht weiterhin nur an Chirurgen (und Love Parade-Besuchern in 1998) cool aus.

Atmen. Einfach atmen.

Was mich im Moment krank macht, sind nicht die todbringenden COVID 19-Keime, sondern die Tatsache, wie hysterisch schon wieder alle sind. Jeder noch so kleine Smalltalk endet wie ein Leitartikel (dass ich das Wort dafür verschwende, ist ein Skandal für sich) in der BILD. Angst, Hass, Titten und der Wetterbericht. Und nochmal Angst. Jetzt kam Anfang der Woche noch eine E-Mail aus einem Studio, in dem ich ab und zu Vertretungen mache, bezüglich “Umgang mit der Corona-Thematik“. Darin stand unter anderem:

„Solltet ihr erkältet sein oder Euch krank fühlen: Bitte organisiert eine Vertretung in Absprache mit mir. Manche Kunden reagieren leider sehr sensibel auf das Thema und wir wollen verantwortungsbewusst mit der allgemeinen Stimmung umgehen und unnötiges Gerede vermeiden.“

Und ja, ich kann mir vorstellen, dass manche Kunden da sehr sensibel reagieren. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass man auch ohne diese Tatsache nicht krank zur Arbeit gehen sollte. Aber als Yogalehrer bekommt man eben kein Krankengeld – da ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass man sich trotz Schnupfen mal auf die Matte schleppt. Mir geht es zum Glück noch gut und ich fühle mich nach wie vor sicher. Denn Angst habe ich nicht wirklich um meine Gesundheit  – und das hat verschiedene Gründe:

Ich bin körperlich überlegen. 
Ein Virus ist viel kleiner als ich. Es ist wirklich winzig, winzig klein. Also hat es naturgemäß mehr Angst vor mir, als ich vor ihm habe. Das ist übrigens auch die Argumentation, die innerlich bei mir abläuft, wenn ich einen Hund sehe. Vor Hunden, die größer sind als ich habe ich wirklich mächtig Angst.

Es heißt „Corona“.
Etwas, dass so bescheuert heißt, wird mich sicher nicht töten. Statistisch gesehen flankt mich eher ein Tumor oder ein Herzinfarkt irgendwann mal vom Spielfeld. Aber nicht etwas, das so heißt wie eine üble Biermarke.

Ich hab Chakra. 
Ich habe Spanisch studiert und weiß, dass Corona auf Deutsch Krone bedeutet. Und ich war auf der Yogalehrer-Schule und weiß, dass das Virus harmlos ist, wenn ich ununterbrochen mein Kronenchakra aktiviert halte. Oder wird es dann erst richtig gefährlich? Okay, auf der Yogalehrerschule war ich nicht immer total aufmerksam…

Ich wasche meine Hände.
Ganz bestimmt nicht in Unschuld (ich bin ja katholisch). Aber zum Beispiel nach dem Toilettengang (bei Männern ist das eher so die Ausnahme) oder wenn ich Menschen berührt habe. Na gut, was das betrifft, sind meine Kinder eine Hochrisikogruppe, die lassen beide noch waschen. Aber wir „Erwachsenen“ können das schon selbst machen. Und es hilft mindestens so gut, wie das ausverkaufte Handdesinfektionsmittel.

Ich ernähre mich ungesund.
Leider weiß ich nicht, welche Werbeagentur auf diese geniale Idee gekommen ist. Aber scheinbar muss man in diesen schwierigen Zeiten mindestens 6.800 kg Trockennudeln zu Hause haben (s.o., habe ich bei The Walking Dead übrigens noch nie gesehen). Für mich als Yogalehrer ist das eigentlich ganz gut. Denn alle, die sich jetzt einen Bauch anfressen, um geheilt zu werden, kommen dann bald wieder in mein Studio um eben diesen Bauch los zu werden.

Wir werden alle sterben.

Du hältst das „neuartige Coronavirus 2019-nCoV“ wie ich für eher ungefährlich (Mortalität laut Robert-Koch-Institut übrigens 0,3 bis 0,7%) und suchst in Sachen „Virales“ den absoluten Kick?  Dann solltest du unbedingt mal diese Dinge ausprobieren:

Sei ein Kind.
Alle zehn Sekunden stirbt ein Kind unter fünf Jahren an den Folgen von Hunger. Würden wir nicht im sozial gerechten Freistaat Bayern leben, könnte sich unsere Familie innerhalb von 20 Sekunden theoretisch halbieren.

Sei ein Gesundheits-Hipster.
Wenn deine Kinder das Glück hatten, nicht im Jemen oder in Syrien geboren worden zu sein, haben sie hoffentlich auch das Glück, von dir den medizinisch empfohlenen Impfschutz erhalten zu haben. Die (eigentlich ausgerotteten) Masern sind ja unter den Bioladen-Holzspielzeug-Impfgegner-Eltern wieder sehr beliebt. Allerdings haben die jedes Jahr weltweit 140.000 Leben auf dem Gewissen. Deshalb wird bei uns zuhause geimpft (besorgte Meinungen dazu gerne hier in den Kommentaren).

Bekomm die Grippe.
Ich selbst hätte wegen einer stinknormalen Grippe schon mal fast den Löffel abgegeben (42 Fieber, Herzrhythmusstörungen und richtig fiese Kopfschmerzen). Zwei Wochen lag ich im Krankenhaus wegen eines Erregers, der jedes Jahr als Epidemie über den Planeten rollt und alleine in Deutschland 20.000 bis 25.000 Menschen dahinrafft.

Sei Ausländer.
Rassismus ist das neue Schwarz. Und Gewalt gegen Ausländer Alltag ist in unserem ach so tollen Rechtsstaat (sogar da, wo ich herkomme) wieder total mainstream. Und währenddessen machen die Arischen Foll-Deppen (AfD) in München an jeder Ecke und ganz unbehelligt Wahlkampf (nächste Woche Wählen nicht vergessen!)

Geh zum Yoga
Ich hoffe natürlich nicht, dass sich jemand im Rahmen einer Yogaklasse mit dem Corona-Virus infiziert. Allerdings ist Yoga ohnehin kein risikoloser Spaß: In einzelnen Asanas ist die Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden, ähnlich hoch, wie beim Lesen der Headlines in der BILD-Zeitung. Om Fucking Genickbruch!

Alles wird gut. Wirklich.

Einatmen. Ausatmen. Weitermachen. Genau wie die Vogelgrippe, Sars, Anthrax, Al Qaida, Heidi Klum und der Verbrennungsmotor, wird auch Corona an uns vorbeiziehen und wir werden das kleine Virüschen bald vergessen haben. Spätestens, wenn in den USA gewählt wird, reden wir wieder über wirklich unangenehme Themen. Und bis dahin gibt es „keinen Grund, in Aktionismus zu verfallen“ (weiteres Zitat aus der Mail des Studios – s.o.). Ich für meinen Teil bleibe entspannt und gehe regelmäßig auf meine Yogamatte von Gorilla Sports. Vielleicht sollten das die ganzen Zombies da draußen mit ihren Mundschutzdingern und den gehorteten Nudeln auch mal machen. Denn wenn Yoga gegen irgendwas wirklich gut ist, dann gegen Hysterie und Panik. Namaste.

Fotos: Liza „Es geht mir gut!“ Meinhof


7 responses to “Yoga und das Corona-Virus – was du jetzt unbedingt wissen musst”

  1. Jutta Haas Avatar

    Vielen lieben Dank für diesem Beitrag! Endlich jemand der nicht stirbt!

  2. Simone Avatar
    Simone

    Großartig! Danke!

  3. Katja Avatar

    The DUDE has spoken!
    OM und Rock ON. x

  4. Sabine Avatar
    Sabine

    Bester Beitrag, den ich bisher zu diesem Thema gelesen habe!

  5. Sukadev Avatar

    Toller Beitrag. Danke sehr.

  6. Nancy Hundeloh Avatar
    Nancy Hundeloh

    Guten Morgen
    Bei vielen Dingen stimme ich mit dir über ein.
    Doch geht es hauptsächlich darum wenn man nicht chronisch krank alt und evtl von einer Behinderung betroffen ist dieses Virus nicht weiter zu geben. Dies bedeutet für mich Achtsamkeit und seine Stellung in der Gemeinschaft als verantwortlicher Mitmenschen ernst zu nehmen. Ignoranz und Mistrauen und Ego dürfen jetzt gerne abgelegt werden wenn es um die Schwächeren geht. Das ist Yoga. Nicht alles was wir zu hören bekommen ist übertrieben. Der Schutz der Schwächeren den nehme ich ernst.
    Om

    1. Andrea Avatar
      Andrea

      Hallo Nancy, ich bin ganz bei Dir. Ich bin Yogalehrerin und betreibe ein eigenes kleines Yogastudio.
      In meiner Ausbildung zur Yogalehrerin habe ich gelernt, dass ich eine große Verantwortung gegenüber meinen Schülern beim Unterrichten habe. Und jetzt mit dem Coronavirus wird meine Verantwortung noch größer. Es gilt meine Yogaschüler und ihr Umfeld zu schützen. Achtsamkeit, Wahrhaftigkeit, Demut und innehalten sind nunmehr mehr denn je gefragt. Ich überlege bei allen Massnahmen, die zur Zeit weltweit und auch in Deutschland getroffen werden, mein Yogastudio vorsichtshalber zunächst bis Ende März zu schließen, obwohl wir sehr auf Hygiene achten. Namaste‘ Andrea 🙏