Pandemie sei dank
Es war nicht alles schlecht damals. So sprechen viele noch heute über die DDR und wir alle schon jetzt über die zauberhafte Zeit der Corona-Pandemie (die streng genommen ja noch andauert). Vor allem natürlich hier in Bayern, wo „ein Virus keine Grenzen kennt“ und man „Verbot“ mit großem, V und E und R und B und O und T und gerne auch mehreren Ausrufezeichen schreibt. Aber ja, es stimmt: Auch der Yogadude hat den 1,5-jährigen Hausarrest genutzt um den Garten auf Vordermann zu bringen, seine Gitarren-Skills zu optimieren und endlich mal so richtig den Haushalt auszumisten. Und mit Letzterem lag er sogar voll im Trend: 73 % aller Bundesbürger:innen (Zahl frei erfunden) gaben an, sich im Lockdown von altem Krempel getrennt zu haben.
Bares für Rares
Besonders wer kleine Kinder hat weiß, dass der Gebrauchtwarenmarkt eine Schattenwirtschaft von nicht unerheblicher Relevanz ist. Was da täglich an Klamotten und Fahrrädern und Möbeln und was-weiß-ich-noch den Besitzer wechselt, ist schon beeindruckend. Erstaunlich, dass das Mehrwertsteuer-Wegwerf-Konsumkartell aus Politik und Industrie das noch erlaubt, oder? Man könnte die Sachen doch auch wegwerfen und neu anschaffen und so wenigstens wichtige Jobs retten und alles natürlich ordnetlich versteuern. Stattdessen gibt es ein zweites Leben für den Babystrampler und die Wickelkommode und das alte Handy und die im Lockdown zu eng gewordenen Yoga-Leggings. Und wo vertickt Post-Marie-Kondo-Germany den ganzen Krempel (besonders in einer Zeit, in der Flohmärkte auf derselben VERBOTsliste wie Après-Ski und Jugendfußball stehen)? Auf Ebay Kleinanzeigen.
Ich liebte es
Auf Ebay Kleinanzeigen bin ich so etwas wie ein Power User. Schon vor der Vaterschaft habe ich das Portal für regen An- und Verkauf (Musikinstrumente, Klamotten, Mobiliar) genutzt. Und mit Kindern? Im Prinzip wöchentlich (s.o.). Was läge also näher, als die Buchungen für mein kleines Nachbarschaftsyogastudio SHIVA SHIVA YOGA nicht auch über Germany’s next Lieblingswebsite zu organisieren? Und so wäre es, wenn Yogaklassen jetzt über Ebay Kleinanzeigen gebucht würden:
Die Fotos des Yogastudios müssten von wirklich übler Qualität sein, und trügen links unten einen grünen Zeitstempel. Im Hintergrund wäre allerlei Keller-Gerümpel zu sehen, im Vordergrund die Füße des Fotografen.
Vor jeder Buchung müsste man mit jedem/jeder Teilnehmer:in endlose Chat-Dialoge führen, in denen man ganz genau erklärt, was in der entsprechenden Yogaklasse unterrichtet würde.
Eventuell müsste man auch noch Fotos von der Studiotoilette, der Rückseite des Yogalehrers und dem Reinigungsprotokoll der Putzkraft (ab 2019) nachreichen.
Auf Basis der Fotos gäbe es dann auch Platzreservierungen („nicht so nah am Fenster bitte, aber auch nicht zu weit weg”).
Anstatt sich zu erkundigen, was eine Klasse kostet und ob es Zehnerkarten oder Rabatte gibt, kommt nur ein grußloses: „5 Euro, komme sofort“.
Wenn dann jemand für einen Fünfer die Klasse gebucht hat, wird vor Ort nachverhandelt – weil das Foto der Toilette nicht den tatsächlichen Zustand wiedergibt („3-lagiges statt 4-lagiges Papier? Fake!“).
Statt der angemeldeten 25 Teilnehmenden („Barzahlung vor Ort“) erscheinen lediglich fünf.
Nach Ankunft im Studio wollen die auch erstmal eine Massage, weil die „eigentlich zu jeder richtigen Yogaklasse gehört“. Natürlich stand in der Anzeige nicht davon und ein Foto einer Massage wurde auch nie veröffentlicht, aber trotzdem…
Weil die Klasse dann doch recht fordernd ist (“wurde vorab im Chat nicht klar kommuniziert”), brechen zwei der fünf Teilnehmenden vorzeitig ab und verlangen einen Teil ihres Geldes zurück („sonst zeige ich euch an!“).
Von den verbliebenen drei will einer nach der Klasse seinen gesamten Teilnahmebeitrag zurück. Im vierten Sonnengruß wurde statt „Chaturanga“ versehentlich „Uttanasana“ angesagt. Geht’s noch?
Ein weiterer Teilnehmender besteht darauf, abgetrocknet und umgezogen zu werden und der Dritte möchte Hilfe beim sich-selbst-die-Treppe-runter-und-ins-Auto-Tragen (wegen Rücken).
Danke, bis hoffentlich bald!
Endlich wieder offline
Ich verbringe wirklich viel Zeit online. Mit diesem Blog oder in meinem „anderen Job“ als Webdesigner und – logisch – auch mit der Kommunikation und den Buchungen für mein Yogastudio. Aber niemand freut sich wahrscheinlich mehr darüber, dass die Yogastudios wieder geöffnet sind und die Teilnahmen an den Online-Klassen nach und nach zugunsten der Klassen im Studio zurück gehen. Denn Menschen sind in 2021 zum Glück noch immer offline und nichts kann den direkten zwischenmenschlichen Kontakt ersetzen. Darum habe ich mich tapfer impfen lassen, trage brav meine Maske und zünde jeden Tag eine Kerze für die unheilige Inzidenzia an. Ebay Kleinanzeigen nutze ich aber weiterhin gerne – trotz der teilweise nervenaufreibenden Dialoge. Weil es eine feine Sache ist, Dinge weiter zu verkaufen anstatt sie wegzuwerfen. Und weil es manchmal auch richtig nette Begegnungen dabei gibt. Wie damals, als bei mir in Berlin zufällig jemand in Sachen Kleinanzeigen vor der Tür stand, den ich Wochen vorher geschäftlich in Südfrankreich kennen gelernt hatte. Ohne Pöbeln, dafür damals noch mit spontaner Umarmung. Namaste.
PS: Das “Burn Your Temples”-Shirt auf den Fotos gibt’s noch nicht bei Ebay Kleinanzeigen, sondern exklusiv im YOGASTORE 😉
Fotos: Liza “Brauchen wir das noch?” Meinhof
3 responses to “Was wäre wenn… man Yogaklassen bei Ebay Kleinanzeigen buchen könnte”
eBay Kleinanzeigen sollte sich in WILP* umbenennen…
*Was ist letzte Preis?
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