Das Yogawort zum Sonntag – Abschied

Namaste, Ey.

Egal wie die Fußball-WM dieses Jahr läuft, mein persönliches Finale 2018 hatte ich schon: Letztes Wochenende habe ich endlich meine Yogalehrerausbildung abgeschlossen und die letzten drei Tage des Teacher Trainings hatten es nochmal in sich. Freitags die schriftliche Theorieprüfung – für jemanden wie mich, der quasi ohne Kurzzeitgedächtnis lebt, keine leichte Aufgabe. Und am Samstag dann die Praxisprüfung, bestehend aus (Überraschung!) Yogaunterricht vor ca. zehn Mitschülern und einem kleinen Gremium von Offiziellen. Wer Prüfungssituationen mag, wurde hier voll bedient – jedes Wort musste mit Bedacht gewählt werden, der Blick auf die Uhr für das perfekte Timing war essenziell. Ich hatte außerdem das Glück in der vorletzten Prüfungsgruppe gelandet zu sein und zum Zeitpunkt meines Examens körperlich total erschöpft zu sein, weil ich bei drei anderen Gruppen den Unterricht mitgemacht hatte. Für Nervosität war ich also schlichtweg zu müde. Auch gut.

Tschö mit Ö.

Trotz meiner Erschöpfung ist am Ende auch alles gut gegangen und dieses letzte Wochenende war – wie gesagt – wieder ein ganz besonderes: Am Sonntag habe ich nicht nur meine offizielle Yogalehrerurkunde verliehen bekommen, sondern mich auch von meinen liebgewonnenen Kollegen verabschieden müssen. Dafür wollte ich mir ja besonders viel Zeit nehmen und dieser Plan ging zum Glück halbwegs auf: Es wurde viel gesprochen, es gab lange gemeinsame Pausen in der Sonne und am Samstagabend wurde auch ordentlich gefeiert. Nach strengen yogischen Regeln natürlich (auf dem Frühlingsfest auf der Theresienwiese). Fakt ist: Meine neuen Yogafreunde sind gute Freunde. Über die Monate sind wir ganz gut zusammengewachsen, so ein Teacher Training hat eine interessante Dynamik: Je mehr du an dir selbst arbeitest, desto näher kommst du den anderen, die dasselbe tun. Aber jetzt ist erstmal Schluss damit, zumindest für mich. Denn viele der Kollegen sind nicht aus München und so richtig einfach ist es leider nicht mehr, sich einfach mal zu treffen. School’s Out.

Ciao, Kakao.

Ich habe diese Woche übrigens nicht nur meine Yogalehrerausbildung abgeschlossen, sondern gleich auch noch mit der Familie eine neue Wohnung bezogen. Als Erdung bzw. für die Bodenhaftung nach einem Wochenende voller Yoga ist so ein Wohnungsumzug ja ideal. Allerdings bin ich nach wirklich vielen Umzügen jetzt an einem Punkt, an dem ich die Schnauze voll habe und die Möbel sehen auch langsam nicht mehr so doll aus. Aber wir freuen uns wie bekloppt über die neue Bude, die alte war (sogar für Münchner Verhältnisse) etwas knapp bemessen und wir haben jetzt sogar einen kleinen Garten, in dem die Kinder toben können. Und ich meine Yogamatte ausrollen. Aber es schmerzt auch ein bisschen, man hinterlässt ja nicht nur ein paar Quadratmeter Lebensraum, sondern auch einen Ort, an dem Erinnerungen geschaffen wurden. Und – in unserem Fall – ziemlich nette Nachbarn.

Bis baldrian.

Das waren also ganz schön viele Abschiede in den letzten Tagen. Wobei so ein Abschied auch nicht mehr ist, was er mal war. Früher stand man im Morgengrauen am Bahnhof, umarmte sich in den Dampfschaden der Lokomotive und lief dem anfahrenden Zug dann noch bis zum Bahnsteigende hinterher. Alles, was danach passierte, wurde in seitenlangen Briefen oder am Sonntagabend am Fernsprecher ausgetauscht. Heute steigt man mit Kopfhörern in den Bus und schickt per WhatsApp gleich noch die geilsten Bilder des Yogawochenendes in die Gruppe. Gleich danach checkt man auf Facebook, wer wen wo vertaggt hat und bereitet schon mal die Hashtags fürs nächste Instagram vor. Der Kontakt reißt nicht einfach ab, nur weil man 500 Kilometer entfernt lebt. Denkt man zumindest.

Tschüssikowski!

Heute am Muttertag habe ich meine Mutter angerufen, aber meine Freunde in der alten Heimat? Die kommen leider viel zu kurz, irgendwas ist ja auch immer. Und gerade deshalb müssen wir Abschiede doch ernst nehmen, Facebook hin, WhatsApp her. Das digitale (Selbst-)bild des anderen ist leider keine echte Nähe. Ich kann meinen Yogalehrerkollegen aus dem Teacher Training so viele Selfies schicken, wie ich will, niemals ersetzt das auch nur annähernd die intensive Gruppendynamik, die entsteht, wenn 70 Menschen zusammen Yoga üben. Oder meditieren. Oder weinen oder lachen. Die wenigsten Abschiede sind für immer, man sagt ja nicht umsonst, dass man sich immer zweimal trifft. Aber es sind und bleiben Abschiede und ab diesem Punkt ist leider erstmal nichts mehr so, wie es bis dahin war. Ich vermisse euch. Namaste.

Fotos: Liza Meinhof