Dass ich das noch erleben darf.
Die Dinge, die man mit 15 oder 16 Jahren erlebt, prägen einen für den Rest des Lebens. Die ersten „Unternehmungen“ ohne Eltern, die erste Liebe und natürlich die selbst gewählte Mode und Musik. Alles, wofür man sich als Teenager begeistert, findet man später noch mindestens in Ordnung. Und auch, wenn ich mir nicht ganz treu geblieben bin, kann ich mich noch täglich über laute Rockmusik freuen. Dafür trage ich die Cowboystiefel nicht mehr so oft. Eine meiner absoluten Lieblingsbands in den frühen 90ern war Guns N’ Roses. Axl, Slash und Co. waren meine absoluten Helden, sie waren hart und wild und nicht zu bremsen. Ihre Musik klingt noch heute einzigartig und sie haben die Sache mit dem „better to burn out than to fade away“ ziemlich ernst genommen. Nach vier Alben (und einem traurigen „Etwas“ mit halbherzigen Coverversionen) war dann auch erstmal Schluss. Ausgebrannt. Bis zur partiellen Wiedervereinigung vor zwei Jahren.
Einmal Aufwärmen, bitte.
Heute Abend gehe ich – nach den Konzerten in Stuttgart (1992), Karlsruhe (1993) und München (2017) – noch ein (womöglich letztes Mal) zu einem Konzert der „Gunners“. Und zwar zum ersten Mal zusammen mit meiner Frau, die in den 90ern zu jung und letztes Jahr von der Geburt unserer Tochter zu vernünftig war. Gemeinsam wärmen wir ein Stück persönlicher Vergangenheit auf. Obwohl, eigentlich holen wir endlich etwas nach, statt zu versuchen, es zu wiederholen. Denn durch unseren Altersunterschied hatten wir keine gemeinsame Teenie-Phase, an die wir uns klammern könnten. Musikalisch sind wir aber trotzdem komplett auf einer Wellenlänge. (Ein nicht zu vernachlässigender Faktor in einer Beziehung!) Also: Weniger Schwelgen in der Vergangenheit als vielmehr das Schaffen neuer Erinnerungen. Als erwachsene Familienmenschen – müde aber noch nicht ausgebrannt.
Besser jetzt als nie.
Man sagt es sei nie zu spät. Bis es dann doch zu spät ist. Mit jedem Jahr, das ich älter werde, wird mir bewusster, dass ich manche Dinge einfach jetzt und hier tun muss. Das Leben wird nicht weniger kompliziert und leider ist es ja auch irgendwann zu Ende. Und ich finde nicht, dass man irgendwann „zu alt“ für irgendwas ist. Ich habe mit 35 angefangen Yoga zu praktizieren, da haben manche Leute schon mit Asanas ihren Rücken ruiniert. Und auch meinen Wohnort konnte ich erst recht spät finden: Während des Studiums habe ich es lediglich von Karlsruhe nach Pforzheim geschafft, erst mit 33 bin ich nach Berlin, später dann weiter nach München gezogen. Ob Yoga und der Wohnortwechsel mein Leben verändert haben? Aber hallo. Trotz des “vorangeschrittenen” Alters, in dem ich mich jetzt befinde, ist alles nochmal ganz neu. Neue Stadt, neuer Job. Nur, dass ich jetzt 25 Jahre mehr Lebenserfahrung im Gepäck habe, als der 16-jährige, der bei „November Rain“ damals in Karlsruhe im Regen stand.
Don’t you cry tonight.
Wenn Axl Rose heute Abend auf die Bühne geht, werde ich mich wie verrückt freuen. Über die Musik, die Energie und die Tatsache, dass die Kinder für ein paar Stunden auf uns verzichten. Aber am meisten werde ich mich darüber freuen, mit meiner Frau etwas nachzuholen, was schon lange überfällig war. Wir waren immer leidenschaftliche Konzert- und Festivalbesucher und Guns’n’Roses waren so etwas wie der Heilige Gral für uns. Und heute passiert es, heute holen wir diesen Abend endlich nach. Keiner von uns wird nochmal 16 sein, das ist vorbei. Aber wir werden mitsingen, tanzen und unsere Köpfe schütteln. Und endlich eine weitere Sache endlich nachholen, für die es früher in unserem Leben keine Möglichkeit gab. Wir sind noch nicht zu alt dafür, zum Glück. Auch wenn ich morgen früh vielleicht anders darüber denke, wenn die Kinder um 6:00 Uhr aufstehen wollen. Namaste.
PS: Es ist auch nie zu spät, mit Early-Bird-Yoga anzufangen. Vielleicht kommst du ja mal in donnerstags in meine 7:30-Uhr-Klasse bei Santosa Yoga in München-Giesing 😉
Fotos: Liza Meinhof