Drauf gesch… – die Kunst ein glückliches Leben zu führen

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Ein Buch. Aus Papier.

Ich habe es kürzlich schon erwähnt: Im Moment erkämpfe ich mir einen Teil meines Lebens zurück. (Meine Frau übrigens auch.) Und zwar den Teil, der mit der Geburt unseres ersten Kindes vor fünf Jahren irgendwo geparkt wurde und seitdem mit abgestelltem Motor auf uns wartet. Zeit zu zweit zu haben, vielleicht für einen romantischen Ausflug nach Paris, zum Beispiel. Oder Gitarre zu spielen, ohne dass eine Kinderhand ständig auf die Saiten schlägt. Ich glaube, es ist eine der großen Herausforderung des Lebens, nach fünf Jahren „Babypause“ wieder ungefähr dahin zu finden, wo man mal war (das Leben steht da ja noch und wartet). Für alle Nicht-Eltern: Kinder haben ist nicht unbedingt einfach und das Gejammer junger Mütter und Väter nicht grundlos. Schlafentzug, permanente Stimmungsschwankungen und immer neue Krankheiten und Verletzungen zehren an uns. Also wirklich. Und jetzt haben schlaue Wissenschaftler auch noch herausgefunden, dass Kinder nicht unbedingt fürs Lebensglück erforderlich sind. Autsch. Aber Wissenschaftler sind auch nur Menschen und neigen dazu, sich mit Selbstbewusstsein und Überzeugung zu täuschen. Ich hole mir jedenfalls mein altes Leben wieder zurück. Diese Woche zum Beispiel lese ich am helllichten Tag ein Buch. Ein richtiges echtes Erwachsenen-Buch (nein, nicht 50 Shades of Grey!) aus richtigem Papier. 

Schon wieder dieses F-Wort.

Natürlich habe ich auch in den vergangenen Jahren als Vater gelesen. Meistens aber waren das Wikinger-Romane, die ich mir aufs Handy geladen habe (so kann man abends lesen ohne das Licht anzumachen – die Babys schlafen ja!). Das Beste daran: Die Wikinger-Sagen sind so einfach gestrickt, dass man nach drei Seiten getrost einschlafen kann, ohne über die Jahre den Faden der Geschichte zu verlieren. Nachdem alle Feinde besiegt und alle Länder erobert waren, wollte ich mich nun einem etwas anspruchsvolleren Werk zuwenden. Und habe mir auf Empfehlung meines geschätzten Lehrers ein Buch gekauft, dessen Titel mich sofort ansprach: The Subtle Art of Not Giving a F**k von Blogger Mark Manson. Ich fluche eben gerne. Denn fluchen ist ein bisschen wie Yoga: Ich fühle mich hinterher besser und eigentlich kommt niemand zu Schaden dabei. Das Buch, um das es geht, ist im ersten Teil eine mehr als beeindruckende Aneinanderreihung von Schimpfwörtern. Verf…te Sch…e – sogar Jimmy McNulty aus The Wirewürde beim Lesen rot werden! Aber was danach kommt, hat mich – jenseits der Kraftausdrücke – noch viel mehr beeindruckt.

Ich zitiere: Mich selbst.

Eigentlich bin ich ja raus aus dem „Schlaue-Zitate-Club“ auf Instagram. Und Leute, die sich selbst zitieren sprechen bald auch in der dritten Person von sich. Aber f**k it, dieses eine Mal ist es dem Yogadude gestattet, seine weisen Worte nochmal aufzuwärmen Vor einiger Zeit hat er nämlich in einem Interview gesagt „Das größte Problem der Menschen ist es, einfach nicht zufrieden zu sein“. Dazu steht er noch heute mit seinem guten Fake-Namen. Er hält Unzufriedenheit für ein echtes Problem vieler Menschen. Sich selbst eingeschlossen. Denn ehrlich gesagt, haben die meisten von uns keine wirklichen Probleme. Ein echtes Problem ist nicht der Depp mit seinem f***ing SUV, der mir die Einfahrt zum Kindergarten zuparkt. Oder die Tatsache, dass ich auf dem Flug nach Marokko vier Stunden lang kein Wifi habe. Ein echtes Problem ist eine unheilbare Krankheit oder keine Nahrung für deine Kinder. Das sind Probleme, Ende der Durchsage. Und Mark Manson (der kluge F**ker) sieht das zu meiner Entzückung ganz ähnlich. Er wird in seinem Buch aber noch etwas konkreter und schreibt, dass Menschen immer subjektive Probleme haben werden, egal wie gut es ihnen objektiv geht. Während sich einige sorgen, ob sie überhaupt sauberes Wasser trinken können, fürchten andere einen Tag ohne ihren Lieblingskaviar leben zu müssen. Und beide sind echt angepisst wegen ihrer tragischen Misslage. Gefühlt ist die Person ohne Fischrogen genau so unglücklich wie das halbverhungerte Straßenkind irgendwo am anderen Ende der Welt. Verf***t witzig, oder?

Gesch…en drauf? Wirklich?

Häufig sind wir unglücklich oder zumindest unzufrieden, weil wir etwas Bestimmtes nicht erreichen können. Obwohl wir es in Wirklichkeit gar nicht wollen. Ein Beispiel? Ich würde wirklich gerne einen freien Handstand praktizieren können. Aber bin ich deshalb unglücklich? Nein, nicht mehr (seit gestern). Und zwar weil ich den Handstand nicht jeden Tag stundenlang übe. Wenn ich diese Asana wirklich, wirklich beherrschen wollte, würde ich hart dafür arbeiten. Und nicht darauf hoffen, dass sie mich magisch ereilt und ich eines Tages heldenhaft auf meinen Händen stehe und 90 Minuten lang Yogahaltungen ansage. F**k it, es ist nur eine Asana. Anders hingegen sieht es z.B. mit diesem Blog aus. Für den arbeite und kämpfe ich seit Jahren mit mehr Energie als es zweitweise gut für mich ist. Aber liebe das Ergebnis und nehme deshalb den Weg dahin in Kauf. Denn der Weg lässt sich nicht vom Ziel trennen. Dazu gehören eben auch die Schmerzen und Rückschläge unterwegs. Und dieses Leiden gehört nicht nur zum Erfolg, es gehört zum Leben. Denn nur dadurch merken wir, was uns weiterbringt und was nicht. Und es lässt uns so besser werden und unseren Zielen näherkommen. Und dann, wenn wir die Ziele erreicht haben, sind wir plötzlich wieder unzufrieden und wollen noch weiter, noch mehr, noch besser sein. Trinkwasser und Kaviar. Der einarmige Handstand.  

Es ist NICHT alles für etwas gut.

In „The Subtle Art of Not Giving a F**k“ geht es noch um viele weitere Aspekte, z.B. auch darum, wie wir unser subjektives Glück messen und wie besser nicht. Und wie wir herausfinden können, was wir wirklich wollen, um nicht den falschen Zielen zu folgen. Und es geht auch darum, dass „Drauf sch***en“ nichts mit Ignoranz zu tun hat, obwohl die Trennlinie recht dünn ist. Gerade bei den Yogis hat man manchmal das Gefühl, dass sie die Welt ein bisschen zu positiv sehen und mehr ertragen, als sie sollten. Das auch vom Yogadude zitierte Es ist alles für etwas gut lässt sich ja auch prima als Ausrede verwenden. Und so die eigenen Probleme leugnen oder auf andere schieben. Mir persönlich hilft Yoga dabei, weniger unnötige Energie zu verschwenden und mich weniger über Nichtigkeiten aufzuregen. Weil ich klarer sehe und weiß, was ich wirklich will. Und weiß, was meine Probleme sind und manchmal sogar, wie ich sie lösen kann. Denn Glück kommt – das schreibt auch Mark F**king Manson – am Ende vom Probleme-lösen. Leider gibt es dafür aber keine Formel oder Anleitung – jeder muss da seinen eigenen Weg gehen. Allerdings bin ich mir sicher, dass vor allem Yoga ein nette Werkzeug ist, öfter „F**k it“ sagen (und wirklich denken) zu können. Und so einfach mal zufrieden zu sein. Und vielleicht in der Sonne zu sitzen und ein gutes Buch zu lesen. Om F***ing Shanti! Namaste. 

PS: The Subtle Art of Not Giving a F**k ist eine persönliche Empfehlung von mir, weil ich das Buch wirklich gerne mag. Es gibt keine Kooperation mit dem Autor oder dem Verlag- Trotzdem markeiere ich diesen Beitrag hiermit vorsichtshalber mal als Werbung. Gesch… drauf.

Fotos: Liza “Passt scho” Meinhof


One response to “Drauf gesch… – die Kunst ein glückliches Leben zu führen”

  1. Anja Avatar

    Das Thema des Glücklichseins beschäftigt mich heuer auch besonders. Habe ein Jahr frei, reise viel (derzeit 4 Monate Indien inkl. YTTC) und versuche ein Stück weit zu mir selbst (und so zum Glücklichsein..?) zu finden nachdem ich mein Leben auch irgendwo geparkt hab. Zwar nicht aufgrund von Kindern (das steht mir noch bevor… 😅) aber aufgrund meines 5-jährigen berufsbegleitenden Studiums. Jedenfalls bin ich dabei auf “The life changing magic of not giving a fuck” von Sarah Knight gestoßen (hab noch nicht herausgefunden, ob die irgendwie zusammengehören bei der Ähnlichkeit des Titels..?). Idee gut. Umsetzung manchmal schwierig. Aber nicht unmöglich. Exakt wie du es beschreibst. Vielen Dank an dieser Stelle für den erfrischenden Artikel! 🙂

    Ich wünsche dir ganz viel Erfolg, Spaß und lustvolle Momente auf dem Weg zurück in dein ganz eigenes Leben. Ist doch genial, dass der Motor noch läuft und es geduldig wartet! Tschakka!

    … Und falls dir mal wieder nach Lesen ist, aber du kein echtes Papier zur Hand hast, freue ich mich, wenn du auf meinem Blog vorbeischaust: unplanbar.com 🙂

    Namasté aus dem Zug von Goa nach Kerala, Anja