Yoga & Nazis – eine Bestandsaufnahme

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Schöne, heile Yogaworld.

Das Jahr startet mal wieder ganz gut in Sachen Yoga: Letztes Wochenende hatte ich meinen ersten „richtigen“ Auftritt bei einem Yogasfestival. Na ja, fast richtig. Denn ins offizielle Programm habe ich es leider dann doch nicht geschafft bei der Yogaworld München. Aber meine Freunde von Pukka Herbs Deutschland waren so lieb, mich in ihre Relax-Oase einzuladen, wo ich einen Vortrag halten und eine Meditation anleiten durfte. Im Vortrag ging es um Yoga und Humor – natürlich mein Spezialthema. Und nachdem ich 15 Minuten lang für einige Lacher gesorgt hatte, haben wir uns gemeinsam durch eine Kurzversion der Kundalini-Meditation nach Osho geschüttelt, getanzt, gesessen und gelegen. Vielen Dank noch mal an dieser Stelle für diese tolle Möglichkeit und natürlich fürs Zuhören und Mitmachen.

Nazis raus!

Nicht ganz so unbeschwert wie mein Sonntag in der Yogi-Blubberblase bei der Yogaworld waren allerdings die ersten Wochen des Jahres hier im Blog. Zuerst habe ich mir erlaubt, auf Facebook ein halbwegs deutliches Statement der Selbstverständlichkeit zu setzen, indem ich den Hashtag #nazisraus gepostet habe. Und auch wenn die Reaktionen im Großen und Ganzen eindeutig waren, gab es durchaus eher uneindeutige Kommentare dazu. Unter anderem auch von jemandem, dessen Facebook-Profil ein Foto vom Böhse Onkelz-Konzert schmückt. Aha. Und da frage ich mich doch: Was macht so jemand eigentlich überhaupt auf meiner lustigen Yoga-Eso-Spiri-Facebook Page? Sucht der nur systematisch das Internet ab nach Möglichkeiten, seinen angebräunten Senf abzugeben? Oder viel schlimmer: Ist der vielleicht ein Vollblut-Yogi, der die ganze Sache nur etwas anders interpretiert als ich es tue? 

Dürfen die das?

Praktizieren Rechte Yoga? Ist das nicht irgendwie zu fremd, zu schwach, zu anders? Okay, das Hakenkreuz hat einen indischen Verwandten, aber Nazis beim Yoga? Ich werde es vielleicht bald selbst herausfinden: Schon seit April unterrichte ich einmal pro Woche eine Klasse im Bayerischen Landtag. Und seit einigen Wochen treiben sich ja da auch die „Alternativen“ für Deutschland (also in diesem Fall Bayern) herum. Und was mache ich dann? Erkenne ich die überhaupt (Frisur? Springerstiefel?). Ich habe mir dazu meine Gedanken gemacht, bin aber leider noch zu keinem Ergebnis gekommen: Einerseits will ich keine intoleranten Mitläufer in meiner Nähe haben. Andererseits denke ich, dass Yoga und Meditation vielleicht etwas Gutes in diesen Menschen bewirken können. Ich bin da wirklich hin- und hergerissen – am liebsten wäre es mir, die gingen gesammelt in den Kraftraum und lassen uns Yogis komplett in Ruhe. Allerdings löst das auch wieder das Problem nicht.

Und dann er noch.

Etwas weniger subtil als die Reaktionen auf mein beherztes #nazisraus auf Facebook (das übrigens auch kein Problem nur im Ansatz löst), war die E-Mail, die ich kürzlich von einem besorgten Leser („deep im Kundalini verwurzelt“) bekam. Diese Art von E-Mails kommt regelmäßig (häufig anonym) und normalerweise schenke ich denen kein bisschen mehr Aufmerksamkeit als unbedingt nötig. Aber jetzt war ein neues Level erreicht: Der Absender teilte mir nämlich mit, dass ich es als „Influencer Marketing Nutte“ geschafft hätte, „in ihm eine Art Hass zu erschaffen“. Es geht dann noch etwas weiter mit dem Thema Prostitution und wird dann so richtig besorgniserregend: Denn was der Schreiber an uns „NewAge Yogis nicht mag, ist das(s)“ wir „den Yoga, der ursprünglich (ja wo kam er denn her?) überall hinbringen“ wollen. Seiner Meinung nach muss Yoga „nicht überall hingebracht werden und soll nicht überall praktiziert werden“. Denn „was bleibt da von der Schönheit noch übrig?“ Für mich klingt das ganz schön ähnlich zu dem, was manche Leute über Flüchtlinge, Frauen oder Veganer sagen: Ich bin hier Teil eines exklusiven Clubs und wenn du dazugehören willst, dann bitteschön nach meinen Regeln. Und wenn nicht, setz dich doch schnell ins nächste Flugzeug und lass uns mit unserem Yoga alleine. Die Erleuchtung wartet nicht auf alle.

Yoga für alle.

Mein Lehrer Dr. Patrick Broome hat ein Buch mit dem Titel „Yoga für alle“ geschrieben. Und ich sehe das genau wie er: Yoga schließt niemanden aus, sonst ist es kein Yoga. Ist Yoga mit Turban oder bei 38° Raumtemperatur besser als ohne Hosen oder mit Rockmusik? Ich denke nicht. Und als Lehrer ist es mir auch ganz egal, ob eine Schülerin nach der Erleuchtung sucht oder nur nach ihrer Bikinifigur. Wenn ihr Yoga dabei hilft, glücklicher und gesünder zu leben, habe ich meinen Job gemacht. Und mit meiner Mischung aus Humor und bunten Bildchen erreiche ich viele Menschen auf meine Weise – die dann vielleicht über Yoga ihren Weg zu Spiritualität und Achtsamkeit finden. Deshalb sollte ich wohl oder übel auch Nazis unterrichten. Weil es ihnen guttun würde, zu meditieren und achtsamer zu werden. Wer weiß, vielleicht tut sich ja auch was im einen oder anderen Kopf. Obwohl: vor 75 Jahren hat sich leider nichts dabei getan. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich ja zuletzt. Ich hoffe auch immer noch, dass die Empörten und Verletzten sich ihre negative Energie sparen und mir keine Hass-Mails mehr schicken. Vielleicht müssen die sich auch nur mal ein bisschen locker machen? Mit ein paar flachen Witzen und einer Kundalini-Meditation? Ich wäre gerne dabei. Namaste.


One response to “Yoga & Nazis – eine Bestandsaufnahme”

  1. Schdiewie Avatar
    Schdiewie

    Ich möchte gern meinen Senf dazu geben und anfangen mit #nazisraus 😉

    Tatsächlich ist es zu 108% einzig und allein Deine Entscheidung, wen Du unterrichten möchtest, wen nicht. Ich als Schüler würde mich aber fragen: warum darf denn der Nazi, der mindestens mal in unserer Yoga Klasse keine Parolen brüllt oder Politik (versucht) zu machen, jetzt nicht mitmachen beim finde zu dir? Weißte?
    Ich “musste” lange als Kellner mit nem Nazi-Küchenchef zusammen arbeiten. Der war hässlich, ungepflegt und dumm. Das komplette Gegenteil von mir. Weil ich aber auch eine Kochausbildung hatte, hat er mich als professionell anerkannt und wir konnten super arbeiten. Nur eben nicht über Nicht-Arbeit sprechen…
    Deswegen fände ich es von herausragender Größe, du würdest sogar eine extra Klasse, Freitag mittag um 2, nur für Nazis geben. Quatsch. Nein, aber so wie Dr. P. B. und sein Buch sagen: Yoga für alle.

    Und bitte 😂 #hatersgonnahate
    Landen solche Mails nicht irgendwie durch Zauberhand in diesem Ordner? Spem? Spin? Sputnik?

    Viele Grüße und vielleicht bis eines Tages mal in einer Stunde bei dir!