Allein, allein – warum so viele Yogastudios auch nach Corona leer bleiben

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Wir bleiben vorsichtig.

Nie war es einfacher, schon mit wenigen Worten einen veritablen Shitstorm zu entfachen, als heute. Dank Corona liegen nicht nur die Nerven bei allen noch blanker als je zuvor. Auch sind wir – dank der Monate langen Isolation – nun alle (wirklich alle) endgültig Experten für jedes noch so spezielle Fachgebiet geworden. Weil ich gerade keine Lust auf Shitstorm habe, höre ich auf damit, mich in Rage zu tippen. Aber innerlich schüttle ich immerhin verständnislos den Kopf. Und freue mich darüber, dass ich mein kleines Nachbarschaftsyogastudio am Münchener Hauptbahnhof zumindest unter bayerischen Sicherheitsvorkehrungen wieder öffnen durfte. Mit Mund-Nasen-Schutz, Mindestabstand und ohne Körperkontakt und Tee. Und leider auch ein bisschen ohne Yogaschüler*innen. 

Wir machen dann mal weiter.

Ja, wir sind wieder da. Also zumindest rein theoretisch. Und das können leider nicht alle Studios in München von sich behaupten. Zwei von ihnen mussten bereits Corona-bedingt  dauerhaft schließen und eines sucht wohl händeringend einen Käufer. Da sind wir kleines Startup in den Kinderschuhen (Corona traf SHIVA SHIVA YOGA schlappe fünf Monate nach der Eröffnung) noch relativ gut davon gekommen. Trotz Schließung von Amts wegen. Trotz Umstellung auf Livestream. Trotz immer schlechter angenommener Online-Klassen. Und trotz zweifelhaftem Gebaren unseres wichtigsten Kooperationspartners. Wir haben gekämpft, so gut wir konnten – Studioleitung und Lehrer*innen Seite an Seite. Und wir haben es geschafft, haben die Krise überlebt und sind daran gewachsen Als Menschen, als Team und als YouTube-Entertainer. Und jetzt: Geht es seit drei Wochen endlich weiter wie gehabt. Dachten wir. 

Ist da jemand?

Hinterher ist man immer schlauer. Alleine, was ich seit der Eröffnung des Yogastudios gelernt habe. Über manche Dinge macht man sich ewig einen Kopf und wenn es soweit ist, ist alles halb so schlimm. Andere Dinge treffen dich eiskalt, wenn du am wenigsten mit ihnen rechnest. Ich meine: Wer hat denn letztes Jahr um diese Zeit mit einem verdammten Todesvirus gerechnet? Niemand, nicht mal die Profis. Sonst würde ich ja bei Rewe nicht zu jedem Einkauf noch ein paar Sammelbildchen der Fußballnationalmannschaft bekommen, ohne dass die Visagen dieses Jahr nochmal irgendwo zusammen auflaufen. Allerdings habe nicht nur ich mir überlegt, wie wir dem Ansturm auf unser kleines Yogastudio nach Corona gerecht werden. Im Februar hatten wir ja im Prinzip jede Abendklasse ausgebucht und jetzt können wir nur sieben desinfizierte Matten anbieten. Aber das Problem hat sich dann einfach in Luft aufgelöst. Denn der erwartete Ansturm bliebt aus.

Warum gehen so wenige Menschen jetzt wieder ins Yogastudio?

Ich weiß, dass es nicht nur mein kleines Problem ist, auch bei anderen Studios bleiben Plätze leer. Warum das so ist? Darüber lässt sich nur spekulieren: 

  1. Das Wetter ist zu gut (Biergarten).
  2. Niemand hat Lust, mit einer Maske ins Yogastudio zu kommen (Atemnot).
  3. Die Leute haben Angst, sich anzustecken (verständlich).
  4. Alle trainieren jetzt weiter für ihren Marathon (Angeber).
  5. Die Fitness-Flatrate ist noch pausiert (permanent?)
  6. Biergarten (siehe Wetter).
  7. Es fehlt irgendwie der Elan, sich wieder aufzuraffen (kenne ich).
  8. Man passt nicht mehr durch die Tür („Flatten the curve“).
  9. Privatinsolvenz (Yogalehrer?)
  10. Ich mach jetzt nur noch Online-Yoga (Danke, Mady!)

Und wie geht es weiter?

Mein imaginärer Life Coach sagt immer, dass mich Jammern auch nicht weiter bringt. Und wenn ich mal ein Buch schreiben sollte (Der imaginäre Titel steht schon!), würde darin wohl etwas ähnliches stehen. Und was soll ich sagen? Irgendwie werden wir wohl alle als Optimisten geboren, sonst würden wir Narren doch nicht freiwillig jemals den Mutterleib verlassen (Ausnahme: Kaiserschnitt). Und auch ich glaube, dass ALLE Yogastudios bald wieder gut besucht sind. Und selbst in Bayern die Schutzmaßnahmen der Bevölkerung weiter gelockert werden. Und als knallharter Geschäftsmann sehe ich, dass bei vielen Yogis dieses Jahr der Sommerurlaub flachfällt. Und die nahe gelegene Theresienwiese dieses Jahr auch nicht für ein zweiwöchiges, überteuertes Wettsaufen geöffnet wird. Da bleibt dann vielleicht doch etwas Zeit und Geld für ein paar Yogaklassen. Und das Wetter wird ja auch irgendwann wieder scheiße. Und wennn es soweit ist, sind wir hoffentlich immer noch für dich da. Namaste.

PS: Ich bin übrigens ein großer Fan von Mady Morrison und nutze ihr Angebot gerne zuhause. (Wer diesen Blog regelmäßig liest, weiß das.) Meine Anspielung in diesem Beitrag geh in Richtung aller, die sich ihr persönliches Unheil mit “Danke, Merkel” erklären. 

Fotos: Liza „im Moment leider keine Zeit für Yoga“ Meinhof


5 responses to “Allein, allein – warum so viele Yogastudios auch nach Corona leer bleiben”

  1. Eva Avatar
    Eva

    Mir persönlich fehlt einfach die Routine. Vor Corona hatte ich regelmäßige Kurse die ich fast jede Woche besucht habe und in meinem Studio wurde jetzt nach Öffnung verständlicherweise vieles umgestellt. Teils online, teils vor Ort. Irgendwie komm ich noch nicht so richtig in den Flow was meine Präsenz im Studio angeht. Und auch im Beruf stehen viele aufgeschoben Sachen an und die Geschwindigkeit steigt. Klar, genau dann ist Yoga umso wichtiger und ich bin mir sicher das spielt sich wieder ein. Aber es braucht Zeit, das merke ich. Corona hat Spuren hinterlassen, innen wie außen.

  2. Rike Avatar
    Rike

    Bei mir hat Corona auch den Alltag verändert und das wirkt noch fort, da mein Arbeitsplatz nach wie vor größtenteils im Home Office ist. Vorher bin ich ins Yoga-Studio in der Nähe meiner Arbeit gegangen. Nur für die Yoga-Stunde nun dorthin zu fahren, passt einfach nicht in meinen Arbeitsalltag und das gilt leider gerade für die Mittagskurse.
    Und YouTube-Kurse ersetzen für mich keine Live-Yoga-Stunde und ist für mich auch nochmal was anderes als eine Live-OnlineYogaSession, die leider mit Öffnung der Studios nochmal wieder weniger geworden sind.

  3. Reinhold Avatar
    Reinhold

    Hallo Thomas,
    mit Interesse verfolge ich deinen Blog und was du Online so treibst. Teils aus meinem Interesse an München (habe da ne Zeitlang gelebt), Teils da mich Yoga und die Welt um Yoga interessiert. Die Darsteller des Yogischen Zirkus 🙂
    Alleine, alleine, warum ist das so? Die letzten Wochen, eigentlich schon Monate hat nicht nur die Welt sondern auch die Menschen stark verändert. So richtig greifen kann ich es nicht. Jedoch werden wir mit einer sehr unbekannten, für viele neuen Situation konfrontiert. Eine die kam jemand kennt, erlebt, an sich selber erfahren hat. Die nicht rational ist.
    Dieses irrationale lässt Menschen handeln. Toilettenpapier horten, Mehl und Nudeln hamstern.
    Und aber auch all das, was Yoga ausmacht vergessen oder verdrängen. Damit sind nicht die paar Asanas gemeint. Die gibt es wie du schon sagst auch bei Mady.
    Das Zwischenmenschliche, das Miteinander, das Füreinander da sein. Das bleibt leider viel schneller auf der Strecke. Es betrifft ja nicht nur deinen Laden, viele andere auch. Ich weiß, das ist kein Trost.
    Hier bleibt zu hoffen das eines Tages dieses Verlorene, Vergessene, Verdrängte wieder zurück kommt. Die Angst vor Morgen verschwindet und mehr Menschen zurück zum Yoga finden. Zurück natürlich auch in die Yoga Studios. Diese wunderbaren Orte.
    Ich kämpfe für meinen Laden! Also den meiner Yoga Lehrerin. Es ist ein geben und nehmen. Bisher habe ich Yoga “genommen”, jetzt ist es an der Zeit zu geben.

  4. Kathrin Avatar
    Kathrin

    Also ich glaube, dass das auch daran liegt, dass die Yogastunden in Bayern im Moment nur 60 Minuten dauern dürfen. Plus, keine assists, keine Nackenmassage etc. Vieles, was die Stunden im Studio so besonders schön macht, ist im Moment nicht erlaubt 🙁

    Gutes Durchhalten weiterhin und ich hoffe für uns alle, dass bald mehr Lockerungen möglich sind.
    LG Kathrin