Mein Leben mit Yoga – 3 Dinge, die ich wirklich bereue

Je ne regrette rien?

Es heißt, man solle nichts im Leben bereuen. Wobei es wohl eher heißen müsste, man solle so leben, dass man hinterher nicht bereuen muss. Aber wer ist schon so reflektiert (und vielleicht auch diszipliniert), dass er jede Entscheidung in voller Abwägung der langfristigen Konsequenzen treffen kann? Bei der Wahl der Frisur, des Tattoo-Motivs oder der Studenten-WG? Ich bin – wie man so schön sagt – mit der Gesamtsituation im Moment mehr als zufrieden. Allerdings gibt es in meiner Vergangenheit einiges, was ich so bestimmt nicht noch mal machen würde. Also nicht mal so ähnlich. Sicher, alles im Leben ist für etwas anderes gut und die Sch…, durch die man geht, lässt einen alles, was danach kommt, aus einer anderen Perspektive sehen. Aber trotzdem: Wenn ich könnte, würde ich die Zeit gerne zurückdrehen und ein paar Dinge im Leben auslassen oder mindestens anders machen.

Diese drei Dinge in meinem Leben bereue ich wirklich:

1. Ich habe ungefähr 50.000 Zigaretten geraucht.

Das Dümmste, das ich je gemacht habe, ist wohl das Rauchen. Ich will jetzt nicht wie ein missionarischer Moralapostel klingen und von mir aus kann jeder so viele Kippen rauchen, wie er will. Aber ich will damit nichts mehr zu tun haben. Als Teenager habe ich damit klassisch auf dem Schulhof angefangen und erst nach mehr als zehn Jahren wieder damit aufgehört. Heute bin ich zum Glück „trocken“ und habe wirklich keinerlei Bedürfnis mehr, mir eine Zigarette in den Mund zu stecken, um den Qualm einzuatmen. Ich bereue das mit dem Rauchen nicht nur wegen der gesundheitlichen Folgen, obwohl ich wahrscheinlich ein paar Zentimeter größer geworden wäre ohne Tabak. Für mich ist das Schlimmste daran die Tatsache, dass jemand sehr viel Geld damit verdient hat, mich auf Raten umzubringen.

2. Ich habe ungefähr zehn Mal den Job gewechselt.

Genau genommen habe ich sogar die erste Ausbildung schon abgebrochen und davor das erste Studium und das zweite danach gleich auch noch und überhaupt. Meine Eltern haben sicher ein Jahrzehnt lang schlecht geschlafen. Und dann ging es erst los: Von einer Werbeagentur zur nächsten, neues Jahr, neues Glück und so. Ich habe so oft den Job gewechselt, dass ich tatsächlich noch nie eine Gehaltserhöhung bekommen, sondern einfach einen neuen Arbeitsvertrag in der nächsten Reklame-Butze angenommen habe. Was ich mir davon erhofft habe? Dass endlich alles gut wird, denn so ein Agenturjob ist nicht immer lustig. Wurde es aber nicht, denn das, was mich ankotzte, war im nächsten Job dasselbe. Schlussendlich bin ich jetzt als freiberuflicher Teilzeit Reklameschreiber sehr glücklich und parallel arbeite ich ja an meiner neuen „Karriere“. Aber im Nachhinein würde ich mir dieses Job-Hopping gerne sparen und den Quatsch einfach ein paar Jahre am Stück ertragen. Oder eben gleich Yogalehrer werden.

3. Ich habe ungefähr 10 Jahre zu spät meine Heimat verlassen.

Bitte nicht falsch verstehen: Ich liebe meine Heimatstadt Karlsruhe bzw. Rheinstetten-Forchheim in der Nähe von Karlsruhe. Aber bis ich 33 Jahre alt war, bin ich nie wirklich von dort weggekommen. Kein High School-Jahr in den USA, kein Auslandspraktikum, nicht mal zum Studieren bin ich wirklich weggezogen. Einzige Ausnahme: Ein Semester in Thüringen, von dem ich aber die meiste Zeit damit verbracht habe, mit dem Auto dorthin und am Wochenende wieder zurück zu fahren. An Ausreden, unbedingt zu meinen Eltern zu müssen, hat es mir damals nie gemangelt, so richtig lange war ich damals also auch nie von zu Hause weg. Dabei hat es mir als Mensch wirklich gutgetan, als wir dann einige Jahre nach dem Studium nach Berlin gezogen sind – seitdem ist alles nicht mehr, wie es war, inklusive meiner Wiedergeburt als Yogi. Aber wer weiß – wahrscheinlich wäre es dazu im sonnigen Karlsruhe sicher auch gekommen.

War ich das etwa?

Diese drei Dinge sind bei Weitem nicht die einzigen, die ich bereue. Aber es sind die, die mir wirklich was ausmachen und die ich im nächsten Leben gerne auslassen oder ändern würde. Ich überlege auch oft, ob es falsch war, erst so spät mit dem Yoga zu beginnen. Ich habe mit 35 meine erste Klasse besucht und davor habe ich meinen Körper (wenn ich ihn nicht gerade mit Zigarettenqualm gefüllt habe) genutzt, um im Wald rumzurennen oder Geld dafür auszugeben, wie ein Tier Gewichte zu stemmen. Okay, wie ein eher kleines Tier (Eichhörnchen?), aber ich war wirklich oft in diesen Fitness-Studios mit lauter Musik und Neonlicht. Heute erscheint es mir irgendwie fremd, aber damals empfand ich es als den besten Weg, mir körperlich etwas Gutes zu tun. Und so ist es ja mit den meisten Dingen, es ist eine Frage der Perspektive. In dem Moment, in dem man eine Entscheidung trifft, ist man von ihr mehr oder weniger überzeugt. Erst Jahre später zeigt sich dann vielleicht, dass es nicht unbedingt die beste Entscheidung war. Und genau deshalb bereue ich es auch nicht, so spät meinen Weg auf die Yogamatte gemacht zu haben. Wenn ich früher dafür bereit gewesen wäre, hätte ich es doch sicherlich zwischen zwei Zigaretten in der Werbeagentur in Karlsruhe gemerkt, oder? Und heute fühlt es sich einfach nur richtig an, jeden Tag auf die Matte zu steigen und sogar selbst zu unterrichten. Vielleicht wäre das alles ganz anders gekommen, wäre ich jetzt 21 statt 41. Was ich mir aber gar nicht vorstellen kann, ist dass ich die Entscheidung zum Vollblutyogi zu mutieren, irgendwann bereuen werde. Mal schauen, wie ich das in 20 Jahren sehe. Bis dahin: Namaste.

PS: Bist du mit allem, was du in der Vergangenheit getan hast, zufrieden, oder bereust du auch irgendwas?

Fotos: Liza „if I could turn back time“ Meinhof


2 responses to “Mein Leben mit Yoga – 3 Dinge, die ich wirklich bereue”

  1. Bianca Avatar

    Ich erkenne mich hier total wieder, nur mit dem Unterschied das mein „Change your Life“ modus erst vor 10 Monaten begonnen hat und noch sehr holprig ist. 🙈
    Sehr motivierend… vielen Danke 🙏🏻
    Namaste

  2. Pino Avatar
    Pino

    Well, da ging es uns doch recht ähnlich:
    1. ich bin seit 2 Monaten “trocken”
    2. der bunte Lebenslauf war irgendwann nicht mehr zu erklären
    3. okay, ich kann den Kirchturm immer noch sehen – aber ich weiß was Heimweh ist
    Aber wenn es Dich (oder mich) da hin gebracht hat wo wir heute sind und wir dort glücklich sind, dann war es wohl richtig – sogar die Kippe im Mundwinkel. Ich glaube nicht, dass man schon früher so glücklich hätte sein können, nur der ganze Weg führt zum Ziel und nur die Erinnerung an andere Zeiten lässt das Heute wirklich leuchten. Karma Baby!