Yoga & Buchhaltung – ein spiritueller Ansatz

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Erbsenzählerei im Januar.

Eigentlich ist die Inventur ja eine typische Jahresendbeschäftigung: Was ist alles noch da, was ist weg und was vielleicht neu dazu gekommen? Ich habe das dieses Jahr aber ein wenig anders gemacht: Obwohl ich kein großer Freund des quantifizierten Selbst bin, habe ich mein Leben seit dem ersten Januar haargenau in Zahlen dokumentiert. Also mein finanzielles (Ab-)leben. Jede Einnahme (als Selbständiger habe ich ja mehr als ein Einkommen) und jede noch so kleine Ausgabe der ganzen Familie wurden fein säuberlich in einer Excel-Liste dokumentiert. Warum? Weil ich einfach mal wissen wollte, wo die ganze Kohle (haha) eigentlich hinwandert. Ich habe zwar einen Abschluss in BWL (ja, ich weiß…), aber das bedeutet nicht, dass ich deshalb gut mit Geld umgehen kann. Wenn ich welches habe, gebe ich es mit beiden Händen aus. Und wenn ich keines mehr habe, schaue ich, dass schleunigst neues in die Kassen kommt. Betriebswirtschaft im Hier und Jetzt.

Es gab schon das erste Opfer.

Schon nach wenigen Tagen der akribischen Buchführung gab es eine harte Rationalisierungsmaßnahme beim Yogadude. Nein, ich verzichte nicht auf Ausgaben für Restaurantbesuche oder Männer-Leggings. Ich habe schweren Herzens eine meiner festen Yogaklassen abgegeben. Hä? Und das soll gut für die privaten Finanzen sein? Indirekt schon: Weil ich (wie die meisten Yogalehrer) nicht ausschließlich vom Unterrichten leben kann, habe ich noch immer meinen Job als Werbetexter- und Konzepter. Und für den – bzw. die damit zusammenhängenden Geschäftsreisen – hat mir zuletzt schlicht und einfach die Zeit gefehlt. Also hatte ich zwei Möglichkeiten: Die Klasse am Dienstagabend abzugeben und zwei Tage pro Woche am Stück „yogafrei“ zu haben. Oder mich ständig vertreten bzw. den Unterricht sogar ausfallen lassen. Ich habe meine Entscheidung getroffen und denke, es ist besser so für die SchülerInnen und ihre persönliche Yoga-Bilanz. Mit einem Lehrer, der Zeit für sie hat statt ständig Termine hin und her zu schieben.

Und dann erst mal Urlaub machen.

Keine Zeit. Keine Zeit. Der Yogaunterricht als Stressfaktor, aber zwei Tage Spontanurlaub gehen immer. Ja, ich war diese Woche spontan beim Skifahren mit meinem Bruder. Und in der Excel-Liste macht sich sowas gar nicht gut. Aber Leute, wenn man so nah an den Alpen lebt, MUSS man das einfach machen. Der Schnee, die Sonne und überhaupt… es war jeden Cent wert. Und witzigerweise wurde mein Bruder (der Ältere) abends in der Bar gefragt, ob er Steuerberater (also auch eine Art Buchhalter) sei. Das war nicht wirklich nett gemeint. Zum Glück ist er es aber nicht und keiner kam auf die Idee, mich auf meinen BWLer-Hintergrund anzusprechen. Puh. Dabei haben Steuerberater, Buchführer und alle anderen Zahlenjongleure völlig zu Unrecht einen schlechten Ruf, finde ich. Wer würde sich denn um den ganzen Mist kümmern, wenn nicht sie? Meinen Yogalehrer-Kollegen unterstelle ich jedenfalls, dass sie in Sachen Finanzen nicht unbedingt besser organisiert sind als ich. Also sollten wir doch froh sein, dass wenigstens die Jungs bei der Bank unsere Karte sperren, wenn der Dispo ausgereizt ist. Danke, lieber Banker-Freunde, danke liebe Steuerberater und shame on you, namenloser Party-Wintersportler, der meinen Juristen-Bruder beleidigen wollte!

Quantified Achtsamkeit.

Eigentlich das mit der Buchhaltung eine einfache Sache: Man erstellt eine Liste mit den Einnahmen und daneben eine Liste der Ausgaben. Wünschenswert (das habe ich im Studium gelernt) ist ein Überschuss. Die Realität (das habe ich im Leben gelernt) kann allerdings variieren. Und das ist für mich die große Parallele zum Yoga oder zumindest zu einem Leben in Achtsamkeit. Du nimmst Eindrücke Emotionen und Energien anderer Menschen auf und gibst etwas an andere ab bzw. weiter. Gutes, Schlechtes, Wichtiges oder auch Belangloses sowie scheinbar Selbstverständliches. Und am Ende des Quartals sind die Zahlen mal ganz gut für dich und ein anderes Mal ganz gut für die Bank. Da unterscheidet sich ein Bankkonto nicht wirklich von einem Emotions- oder Gedankenkonto. Eine Zeit lang können wir die Dinger auch hart in den Dispo fahren und mit einem Negativsaldo leben. Aber irgendwann, irgendwann stehen wir an der Kasse und es geht wirklich überhaupt nichts mehr. Finanziell, Gefühls- oder Energiemäßig. Und dann? Dann ist es höchste Zeit, Verzicht zu üben und Prioritäten zu setzen. Und das Konto wieder aufzuladen und im nächsten Monat vielleicht schon vorher daran zu denken, dass es nicht ewig so weiter gehen kann.

Unterm Strich zähl ich.

Der Monat Januar war für mich – in finanzieller Hinsicht – äußerst leerreich. Niemals hätte ich geahnt, wieviel Geld ich in Bäckereien lasse. Oder für Kinderspielzeug ausgebe. Oder für das doofe Auto! Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob sich an meinem Konsumverhalten viel ändern wird (alle Bäcker können aufatmen). Aber ich habe gelernt, dass eine kleine Zwischeninventur ab und zu keine schlechte Sache ist. Quantified Self hin oder her. Man nimmt Dinge anders war, wenn man sie schriftlich dokumentiert. Deshalb ist dieser Blog für mich auch so wichtig als Form der Selbsttherapie. Und deshalb war es eine gute Zeit, als ich jeden Tag mein Meditationstagebuch geführt habe (sollte ich echt wieder anfangen). Und deshalb werde ich jetzt öfter mal aufschreiben, was ich so einnehme und ausgebe. Nicht nur in monetärer Form, sondern eben auch emotional oder spirituell. Nicht, um am Ende eine Abrechnung zu erstellen und abzuwägen, wie sich das Ergebnis optimieren ließe. Sondern um bewusster wahrzunehmen, was ich unterm Strich mit meinem Leben mache. Und mit dem Leben anderer. Namaste.

PS: Für die abgegebene Klasse am Dienstagabend gibt es schon Ersatz: Donnerstags unterrichte ich jetzt um 18:15 in München Giesing

Fotos: Liza „Müssen wir das wirklich alles aufschreiben?“ Meinhof


2 responses to “Yoga & Buchhaltung – ein spiritueller Ansatz”

  1. Alexandra Schagerl Avatar

    Hallo & Namasté

    Uiuiui … das kenne ich .
    Ich führe schon seit Jahren so eine Art Excel Liste, doch seit heuer eine ganz Genaue. Weil es mir genauso erging. Mal schauen, was der Monatsabschluss so ausspuckt. Heute ist mal Ferienshopping mit meinen Mädls angesagt. Wobei ich die Taxifahrerin und Taschenträgerin bin.
    Ich hab mir zur Sicherheit ein paar Geocaches rausgesucht um der Shoppingluft zu entfliehen und etwas Abenteuer zu tanken .. das Wetter dürfte passen und meine Kamera ist auch mit dabei.
    Ich wünsche dir noch einen schönen Tag und freue mich auf deinen nächsten Beitrag.

    1. Alexandra Schagerl Avatar

      Achja, tolle Fotos … inspirieren mich gleich zum Nachmachen 😉